Happy Birthday Sophie

Von Christoph Kaaden

Gestern hatte unsere Tochter Sophie Geburtstag. Vor fünf Jahren kam unser erstes Kind auf die Welt. Sehr zu unserer Freude.

Obgleich alle Anfangsuntersuchungen belegten, dass unsere kleine Prinzessin rundum gesund war stellte insbesondere meine Frau schnell fest, dass ihre Kopfform unnormal war. Ihr Hinterkopf war auffallend abgeflacht und ferner einseitig “unterentwickelt”. Darauf angesprochen beschwichtigten uns die Ärzte und stellten in Aussicht, dass sich dieses “primär ästhetische” Problem in absehbarer Zeit normalisieren und “verwachsen” werde.

Die nächsten zwei Monate zeigten indes eine gegenteilige Entwicklung und so begann meine Frau sich im Internet mit dieser Thematik näher zu beschäftigen. Recht schnell konnte sie die Diagnose einer lagerungsbedingten occipitalen Plagiocephali “herausfinden”.

Das Wort Plagiocephalus stammt aus dem Griechischen und bedeutet «schiefer Kopf». Seit der Empfehlung, Neugeborene und Säuglinge im Rahmen der SIDS-Prophylaxe in Rückenlage schlafen zu lassen werden seither sechsmal mehr lagebedingte unnormale Kopfformen registriert. Man unterscheidet die lagebedingte, sekundäre Plagiocephali von der primären Plagiocephali bei einseitiger Coronarnaht- oder Lambdanahtsynostose.

Unsere Tochter war also alles andere als eine Ausnahme. Bereits im Mutterleib hatte diese Fehlentwicklung begonnen und wurde in der weiteren Folge durch die Rückenlage beim Schlafen weiter verstärkt. Unsere “Recherchen” zur Therapie ergaben, dass eine Helmbehandlung angezeigt war. Die Suche nach einem kompetenten Ansprechpartner hierfür brachte uns schließlich an die Universitätsklinik nach Würzburg. Dort hatte die pädiatrische Neurochirurgie in Zusammenarbeit mit den Abteilungen für Kieferorthopädie und Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie eine Spezialsprechstunde hierfür eingerichtet.

Eine dort für Sophie individuell angefertigte Kopforthese wurde daraufhin von ihr für die nächsten Monaten konsequent getragen.

Sophie mit Helm

Sophie im Alter von 5 1/2 Monaten mit Kopforthese

Konsequent bedeutete in diesem Zusammenhang 23 Stunden am Tag…

die Eingewöhnung hierfür dauerte keine zwei Tage und verlief unproblematisch.

Drei Monate und einige Kontrolltermine später war die Behandlung abgeschlossen. Die Gegenüberstellung von prä- und postoperativer Situation verdeutlicht das beeindruckende Behandlungsergebnis …

prä- vs postoperative Situation bei ausgangsbedingter

prä- vs postoperative Situation bei lagerungsbedingter Plagiocephalie

Unser besonderer Dank gilt allen beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Universität Würzburg. Insbesondere Frau S. Habel und Herrn Dr. P. Meyer-Marcotty

Jetzt könnte unsere Tochter auch Super-Modell werden…

;-)

P.S.: Wer sich näher mit dieser Thematik beschäftigen möchte kann dies hier und hier tun

3 Gedanken zu „Happy Birthday Sophie

  1. Bis auf “super Fall”, “well done” oder “schöne Fotos” haben sich meine Kommentare bisher sehr in Grenzen gehalten. Ich bin nun seit 5 Jahren ein typischer Konsument dieses Blogs: lesen, freuen, jedoch keinen großen Teil selber dazu beitragen. Heute möchte ich das mittels der Kommentarfunktion ändern. Obiger Artikel hat mich dazu verleitet nun hier mich mal ausführlicher zu äußern (auch wenn es wohl niemand vollständig lesen wird).
    Mir fällt immer häufiger auf, dass nicht nur bei Zahnärzten (siehe Frontzahntrauma-Serie, Aufklärung tut Not) sondern auch bei Ärzten durch nicht stetige Fortbildung (oder Fortbildungen, die nichts kosten, von der Industrie gesponsert werden und man nur dort ist weil man muss oder es was zu essen gibt) oder Unwissen dem Otto-Normal-Bürger wichtige Informationen vorenthalten werden. Kommentare wie: “da kann man nichts machen” oder “es verwächst sich”, lassen einen manchmal recht hilflos dastehen. Und wäre nicht der eigene Wissensdurst überdurchschnittlich vorhanden, würde diese Aussage ohne zu hinterfragen akzeptiert. Eigentlich ist es schlimm, dass Spezialisten in Ihrem Gebiet teilweise so eklatante Lücken in Ihren Therapieoptionen haben. Nun aber gut mit dem Rundumschlag; die Intention dieses Beitrages ist eine andere.

    Im Mai fand in Florenz die alljährliche Zusammenkunft der European Academy of Esthetic Dentistry (EAED) statt. Im Zuge der Fortbildung wurde Lawrence Brecht aus New York eingeladen. Mit seinem Vortrag stellte er alles bisher dagewesene in den Schatten. Larry Brecht arbeitet am Langone Medical Center und ist Leiter des Instituts für Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten, Ohr- Kraniofazialanomalien und Transplantatteams.
    Dr Brecht stellte die NAM-Methode (nasoalveolar molding) der Behandlung von schwersten Spaltfällen vor, die seit nun mehr als 10 Jahren in New York angewendet wird. Dabei ist ein konservatives Verfahren der Schlüssel zu unglaublich schönen und überzeugenden Endergebnissen nach Abschluss des Wachstums. Dr. Brecht und sein Team setzen dabei auf eine extrem zurückhaltende Therapie mittels Schienen und “Formgebung” des Oberkiefers, der Oberlippe, sowie der Nase. Ziel war es die Zahl der operativen Eingriffe auf ein absolutes Minimum zu reduzieren und somit weniger Narbenbildung zu erzielen.
    Mit der dieser Technik wurden in den USA schon mehrere hundert Fälle erfolgreich und vor allem ästhetisch behandelt. Die Vorher-/Nachher-Bilder waren unglaublich. Nicht nur werden die chirurgischen Eingriffe um mehr als die Hälfte reduziert (es sind ca 5-6 Eingriffe durch die reguläre Therapie, wenn ich mich nicht irre, die konservative Behandlung sieht nur noch 2 OPs vor), d.h. das Trauma für die Kleinkinder wird deutlich reduziert, die Narben sind dadurch deutlich kleiner und dezenter, sondern auch die typisch platte Nase eines LKG Patienten ist nach Abschluss der Behandlung kaum mehr zu erkennen. Die Apparatur sieht etwas aus wie ein Fränkel aus der KFO mit extraoralen Anteilen für die Oberlippe und Nase. Ziel dieser Schienen ist es dem Körper eine Wachstumshilfe in die Richtige Richtung (wie im o.g. Fall) zu geben. Dadurch werden die Spalten kleiner (kleinere OPs) und man kann das Wachstum eines nicht-LKG Patienten “imitieren” Alles in allem eine extrem schonende Therapie für ein zartes kleines Wesen mit einem viel viel besseren Ergebnis, als die bisherigen Therapien.

    Sollte jemand selbst mal von diesem Schicksal betroffen sein oder Neueltern eines Kindes mit einer LKG kennen, sollte diese Therapie zumindest in Betracht gezogen werden. Dr Brecht hält viele Vorlesungen und hat natürlich auch viele Ärzte die ihm nacheifern. In Deutschland wird das Verfahren an der LMU angewendet
    http://www.mkg.med.tu-muenchen.de/behandlungsschwerpunkte/lippen-kiefer-gaumenspalten/nasoalveolar-molding-nam/

    Hier der Link zu Dr. Lawrence Brecht
    http://nyulangone.org/doctors/1023140225/lawrence-e-brecht

    Bei Google gibt es Bilder zur NAM Apparatur und hier noch eins zur Verdeutlichung:
    http://static1.squarespace.com/static/550ee742e4b07f1da6778a68/t/554272f0e4b01cc1ee9a4eb1/1430418161965/NAM+models+and+appliance+before+and+after

    vielleicht schafft es der Kommentar ja (ohne das Vorgeplänkel) auch auf die Hauptseite. würde mich freuen.

  2. Ich bin immer wieder begeistert, welche Anregungen ich in diesem Blog bekomme, dafür vielen Dank an alle Kollegen!
    @Christoph: Bei meiner Tochter zeigte sich nach der Geburt ein ähnlicher, allerdings aus meiner Erinnerung (ist jetzt 20 Jahre her…) weniger ausgeprägter Befund, der sich zum Glück tatsächlich ohne Behandlung “verwachsen” hat. Wahrscheinlich sind die Grenzen wirklich fließend… Meine Glückwünsche an die stolzen Eltern!

    LG Bernard

  3. Schön, daß es sich auch bei Euch zum Guten gewendet hat. Wir hatten bei unserer 2. ein ähnliches Problem, wenngleich nicht so ausgeprägt. Bei uns hat ein speziell geformtes Kissen ausgereicht und den Kopf wieder schön gerundet. Beste Grüße und auch nachträglich Happy Birthday!

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