Zuverlässige Endometrie bei Metallkronen – aber auch – Wäre das nicht eine sinnvolle neue Rubrik für WURZELSPITZE ?

„Hallo Hr. Herrmann,“

schreibt ein Kollege

„wie gelingt es, durch trepanierte (Metall-)Kronen eine zuverlässige Endometrie zu erhalten? Ich messe in solchen Fällen sehr häufig allerlei Grütze. Kann man ein Stückchen Gummischlauch auf den Schaft des Messinstrumentes als Isolierung schieben, soll man die Zugangskavität trocken halten? Vielleicht gibts Tips vom Crack.

Gruss TD“

Hallo Herr D,

zunächst die gute Nachricht.
Metallkronen (oder sagen wir allgemein gefasst Metallrestaurationen) und Endometrie ist zwar gegebenenfalls ein lästiges Übel, aber mit ein paar Kniffen zuverlässig handhabbar.

Ein Tipp vorweg diesbezüglich: Trennen sie die Längenbestimmung von  der maschinellen Aufbereitung. Mit dünnen Handinstrumenten, die man sicher von der Kronenwand entfernt in die Kanäle einbringen kann, ist die Messung wesentlich leichter durchzuführen als mit teilweise wesentlich dickeren und weniger biegsamen maschinellen Aufbereitungsinstrumenten. Zumal der Winkelstückkopf auch noch zusätzlich die Sicht behindert. Man also eventuell nicht einmal sehen kann, ob der Vollausschlag des Apexlokator vom apikalen Ende des Wurzelkanals oder von einem versehentlichen Kontakt mit der Metallrestauration ausgelöst wird.

Zweiter grundsätzlicher Rat. Nur eine fehlende Metallrestauration ist eine gute Metallrestauration.  Metallhaltige Füllungen werden daher von uns im Vorfeld der Endo gegen Kunststoffrestaurationen ausgetauscht.  Der Hauptgrund ist allerdings, für den Zeitraum der Wurzelkanalbehandlung bzw.  bis zum ersten Recall, dass 6 Monate post WF angesetzt wird, eine möglichst stabile und bakteriendichte Restauration in einem kariesfreien Zahn vor Endo gewährleisten zu können. Das Ausschalten einer potentiellen Störquelle für die ELM ist allerdings ein willkommener Nebeneffekt. Bei kleineren Defekten wird der Zahn mit einer direkten Composite- Restauration versehen. Bei großen Defekten wird der zunächst angefertigte Composite- Aufbau nachfolgend für die Aufnahme einer Chairside – Kunststoffkrone präpariert und diese Kunststoffkrone nach Ausarbeitung mit Rely X eingegliedert. Drei solche Restaurationen aus unseren Behandlungsfällen von gestern und heute (die Versorgungen wurden von meiner restaurativ tätigen Praxiskollegin Frau Christina Hoffmann angefertigt) habe ich exemplarisch hier in die Galerie gestellt.

Zwischen den Endositzungen werden diese wie in den Bildern zu sehen mit Glasionomerzement verschlossen. Postendodontisch werden Zahn und Krone mit Composite verschlossen. Wie gelegentliche Recalls zeigen, in denen die Patienten die Empfehlung zur Kronenversorgung beflissentlich ignorierten, zeigen sich solche Restaurationen auch 18 Monate nach WF noch unversehrt.

Bei den Recalls von heute waren auch 2 Fälle mit solchen Kunststoffkronen. Wie die Fotos zeigen, sind die mit Composite stabilisierten Restaurationen (in beiden Fällen 6 Monate post WF) stabil. In den Röntgenbildern zeigt sich aber auch ein Nachteil des von uns verwendeten Kunststoffes. Er ist nicht radioopak und erscheint daher im Röntgenbild unsichtbar.

In der idealen Welt wäre das Gespräch jetzt zu Ende.

In der realen Welt sind wir allerdings (mehr als 90 % der Fälle in unserer Praxis sind Revisionen) immer wieder mit Situationen konfrontiert, in denen ein zu behandelnder Zahn zwar eindeutig erhaltungswürdig sich darstellt, die Erhaltungsfähigkeit sich jedoch erst bewahrheitet, wenn die initiale Wurzelkanalbehandlung  erfolgreich abgeschlossen werden konnte.  Oder aber der Zahn sich in der ersten Endo- Sitzung als nicht erhaltungsfähig erweist. Oder wir die einwandfreie, frisch inkorperierte Krone des überweisenden Kollegen auf jeden Fall erhalten wollen. Um dem Patienten zusätzliche Kosten zu ersparen, kommt es also immer wieder vor, dass wir zunächst die vorhandene Krone noch in situ belassen. Und damit die von ihnen angesprochene Problematik der Falschmessung bei der elektronischen Arbeitslängenbestimmung auch uns betrifft. Nachfolgend daher noch ein paar „Real World Endo Tips“.

Zunächst, was nicht funktioniert: Die Isolation der Trepanationsöffnung mit einem Gummischlauch, der in die Kavität eingebracht wird.  Stichwort Schrumpfschlauchgummi oder ähnliches. Ist für mich eine Art  Lackmus- Test für den Gebrauchsnutzen des Referenten. Wer das propagiert (und ich habe das in der guten alten Zeit immer mal wieder gehört), kommt wohl eher von der theoretischen Seite des Endodontie- Universums. Besser ist da schon, wie sie es vermuteten, ein Gummischlauch, der über das Instrument drübergezogen wird. Damit es  funktioniert, muss es ein sehr dünner Schlauch sein. Gut geeignet sind die lila EndoEze Capillary Tip- Plastikkanülen von Ultradent. Den Luerlock- Kopf abschneiden und den Kanülenanteil über das Instrument überziehen. Dabei versuchen, nicht an den Preis für die Kunststoffkanüle zu denken.

Alternativ könnte man auch mit Tesa- Film die Isolierung vornehmen.
Das Tesa- Band am Instrumentenschaft gerade anheften, 2 bis drei Rotationen bei dicht gewickeltem Band, damit es fest klebt  und nicht unnötig aufträgt, fertig ist die Isolierung.

Dann könnten sie natürlich auch die Kavität selbst isolieren. Zunächst der Tip, den man auch immer mal wieder liest, von dem ich Ihnen allerdings ebenfalls abrate: die Kavität mit lichthärtendem Bonding zu isolieren. Neben sie stattdessen lieber Opaldam (ebenfalls von Ultradent, ebenfalls lichthärtend), das lässt sich via feiner Kanüle präzise platzieren und ist jederzeit als Fremdmaterial zu identifizieren. Oder alternativ ein gut sichtbares Flow- Composite wie Tetric Flow Bleach XL.

Diese Massnahmen funktionieren im Bereich der Trepanationsöffnung, aber man kann ja schlecht die gesamte Krone von innen mit Isolatormaterial auskleiden. Achten sie also tunlichst darauf, dass Flüssigkeiten wie NaOCl zwar im Bereich der Wurzelkanäle, jedoch nicht in der Zugangskavität erscheinen. Manchmal gibt es im Übrigen scheinbar unerklärliche Fehlmeldungen des Apexlokator. Nimmt man in solchen Fällen eine Mikrokanüle (bei uns auf dem Fine Air von Kavo, alternativ auch ein Stropko Irrigator) und hält diese im 90 Grad Winkel an der Oberrand der Trepanationsöffnung, zeigt sich unter dem Dentalmikroskop das Verschwinden eines bis dato nicht sichtbaren Feuchtigkeitsfilms auf der Zahnoberfläche. Auch das kann ein Grund sein für die von Ihnen beobachteten unerklärlichen Fehlmessungen. Kofferdam ist im Übrigen auch zur Ausschaltung von Fehlmessungen sehr hilfreich, aber da erzähle ich ja nichts Neues.

Ich bin sicher, dass den hier mitlesenden Kollegen noch weitere Tipps einfallen und verweise in diesem Zusammenhang auf das Nutzen der Kommentar- Funktion.  Und vielleicht ist ihre Mail ja die Initialzündung für eine neue Rubrik: „Kollegen fragen – WURZELSPITZE antwortet.“
Fänd ich gut.

Herzliche Grüße

Ihr H.W. Herrmann

4 Gedanken zu „Zuverlässige Endometrie bei Metallkronen – aber auch – Wäre das nicht eine sinnvolle neue Rubrik für WURZELSPITZE ?

  1. Bereits mal erwähnt für Zähne die nur einen Kanal aufweisen oder bei mehreren Kanälen die coronal bereits erweitert wurden: Schaumstoffpellet in die Trep-Öffnung und mit 10er Feile einfach miitig durch. Solange die Trep-Öffnung vorher ausgeblasen (getrocknet) wurde und das Pellet sich nicht mit Feuchtigkeit vollsaugt, klappt das sehr gut. Vorraussetzung ist natürlich auch das man das Pellet nicht durch 100 Hub & Stichbewegungen massakriert, da kann es theoretisch auch passieren das sich kleine Stückchen vom Schaumstoff lösen…

    Hat vielleicht einer der hier mitliest die aktuellste „Ausgabe“ der Kniffologie gelesen? Vielleicht steht da auch noch was drin…

    Zur Rubrik „Frage & Antwort“: am Besten wäre wohl ein Stichwortverzeichnis, ansonsten kommt es sicher im Laufe der Zeit immer wieder zu den selben Fragen, die Suchfunktion des Blogs bringt mich manchmal ins Grübeln weil bestimmte Sachen nicht gefunden werden obwohl es die definitiv mal als Beitrag gab…

    Danke für all die Mühen,

    Gregor S.

  2. Hallo,
    Ja, eine solche Rubrik fände ich auch spitze!!!! :)
    Was mir generell immer wieder aufstößt ist die Tatsache, dass es bislang keinerlei „Stiftung Warentest“ o.ä. für zahnmedizinisches Gerät (oder irre ich mich, ggf noch der dental advisor?) gibt. Da fordert die Industrie Preise für Behandlungseinheiten, die auf dem Niveau (mind.) von gut ausgestatteten Mittelklassewagen liegen und man kann sich nur auf die Aussagen des Herstellers bzw Depots stützen, die natürlich das eigene Produkt IMMER in den Himmel loben. Schlauer ist man vielfach erst hinterher.
    In unserer Praxis z.B. haben wir relativ neue Einheiten mit denen wir grundsätzlich auch sehr zufrieden sind, allerdings weisen diese nach gerade mal 2 Jahren doch immer wieder störende Macken und Defekte auf (bei fachgerechter Nutzung, versteht sich). Da fragt man sich doch, warum man erst Premium-Preise zahlt, wenn man dann doch immer wieder das Nachsehen hat. Ich habe auch schon mit meiner Kollegin darüber sinniert, ob man nicht einen Blog „Praxistest“ oder ähnliches ins Leben ruft, wo zwar keine Teststandards festliegen, aber zumindest auf Erfahrungswerte von anwendenden Kollegen erfragt und ausgetauscht werden können. Das scheiterte bislang daran, dass wir uns mit der Praxis noch in der Aufbauphase befinden und dass wir beide auch ein wenig internet-blöd sind. Aber die grundsätzliche Idee fände ich gut, könnte es einem doch den ein oder anderen Reinfall und somit auch Geld, Zeit und Nerven sparen. Hier hat die Wurzelspitze ja aber auch schon einiges geleistet!
    Viele Grüße aus dem hohen Norden…
    Klaas Köppe

  3. Ich kann Metallrestaurationen nicht als nennenswertes Problem für die Endometrie sehen (bei mir mit dem Root ZX). Ich lege regelmäßig vor Endodontie unter Abdeckung der Kanaleingänge mit schneeweißem, also gut sichtbarem Kerr Life große Amalgamaufbauten (oft mit parapulpären Stiften), die ich dann wieder für die Wurzelkanalbehandlung trepaniere. Amalgam- statt Compositefüllungen, weil erstere nun einmal die etwa doppelte Haltbarkeit aufweisen (2, 3), besonders bei großen Füllungen (1). Amalgam läßt sich auch noch unter Speichel- und Blutzutritt bei schwer zerstörten Zähnen legen. Ich belasse auch in aller Regel vorhandene Kronen, egal aus welchem Material (nach WF und Vorbohren mit Para Post-Bohrern dann Trepanationsverschluß mit Amalgam bis einige mm in die Kanaleingänge, um eventuellen Kronenundichtigkeiten vorzubeugen). Falls ich vor Endodontie eine konfektionierte Stahlkrone (3M) inseriere, zementiere ich diese mit einem kunststoffmodifiziertem GIZ (RMGIC, z. B. Fuji Plus), der nicht nur nicht elektrisch leitet, sondern auch nach einigen Studien der bakteriendichteste Zement ist.

    Es erleichtert die Endometrie, wenn man vor ihr auf NaOCl verzichtet, weil das eine sehr hohe Leitfähigkeit hat. Ich messe fast immer nur direkt nach der Entfernung des CaOH2 mit der Sonicflex und einem langen, geraden Ansatz zu Beginn der 2. Sitzung, also mit Wasser als Spüllösung. Falls man vorher NaOCl verwendet hat, sollte man es mit Wasser zumindest in der Trepanationsöffnung ausspülen. Dann die Trepanationsöffnung mit Luft trocknen, dann mit Papierspitzen möglichst weit in die Kanaleingänge. Bei trockenen, liegenden Papierspitzen nochmals die Trepanationsöffnung mit trockener Luft nachtrocknen, bis an der Trockenheit kein Zweifel mehr besteht.
    Wenn man nicht auch die Kanäle trocknet, verdrängt das Meßinstrument Flüssigkeit aus dem Kanal nach oben in die Trepanationsöffnung. Das kann leicht eine Ursache für Fehlmessungen werden.
    Kontakt zu Metallrestaurationen läßt sich durch leichtes Hin- und Herbewegen der 10er Hedströmhandfeile als Meßinstrument leicht aufheben, denn Luft isoliert nun einmal hervorragend – notfalls macht man die Trepanationsöffnung größer.

    1. Van Nieuwenhuysen J-P, D’Hoore W, Carvalho J, Qvist V. Long-term evaluation of extensive restorations in permanent teeth. J Dent [Internet]. 2003 Aug [cited 2009 Jun 29];31(6):395–405. Available from: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12878022
    2. Moraschini V, Fai CK, Alto RM, Santos GO Dos. Amalgam and resin composite longevity of posterior restorations: A systematic review and meta-analysis. J Dent. 2015 Sep;43(9):1043–50. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26116767
    3. Rasines Alcaraz MG, Veitz-Keenan A, Sahrmann P, Schmidlin PR, Davis D, Iheozor-Ejiofor Z. Direct composite resin fillings versus amalgam fillings for permanent or adult posterior teeth. Cochrane Database Syst Rev [Internet]. 2014;3:CD005620. Available from: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24683067

    • Es erleichtert die Endometrie, wenn man vor ihr auf NaOCl verzichtet, weil das eine sehr hohe Leitfähigkeit hat.

      Für die von TD beschriebenen Situation ist dies ohne Belang.
      Auch Wasser ist leitfähig genug, um eine Fehlmessung bei Kontakt mit der Metallrestauration auszulösen.
      Eine ionenreiche Lösung wie NaOCl wirkt sich auf das Messergebnis aus. Schön wäre ein Kompensationsmechanismus des Gerätes, der die Abweichung korrigiert.
      Ob dies bei einer vorhandenen Größenordnung von 0.3 mm relevant ist, sei jedoch dahingestellt.

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