Fragremover – eine Idee nimmt Formen an

von Jörg Schröder

Die Entfernung von Instrumentenfragmenten gehört in einer Praxis mit endodontischem Schwerpunkt zur Routine. Dabei stellt sich in den meisten Fällen nicht mehr die Frage, ob das Fragment entfernbar ist, sondern wieviel Zahnhartsubstanz für die Entfernung geopfert werden muss. Eine sehr interessante Möglichkeit Fragmente minimalinvasiv zu entfernen stellt der „Fragremover“ dar.

Der von den Entwicklern Nils Widera, Marcus Leineweber und Stephan Gäbler zur Verfügung gestellte Prototyp konnte mich im Praxisgebrauch bereits nach kurzer Zeit überzeugen.

SANYO DIGITAL CAMERA

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Anfangs noch im 3D-Printer aus Kunststoff gefertigt, soll der „Fragremover“ nunmehr mit Hilfe einer Art von Crowd-Funding  in Edelstahl gefertigt werden.

Aber lesen Sie selbst:

N. Widera, Dr. M. Leineweber, Dr. S Gäbler

Fragmententfernung mit dem Fragremover

Vor zweieinhalb Jahren haben wir hier über die mögliche Entfernung von Fragmenten aus Wurzelkanälen mittels der Schlaufentechnik berichtet.

Die Resonanz auf den Artikel war und ist enorm – wir versenden noch immer Draht von England bis in den Kosovo.

Die Technik an sich ist nicht neu. Die erste dokumentierte Anwendung ist aus dem JOE   von 1983 “The Retrieval of Foreign Objects from Root Canals: A Simple Aid” von Josè L. Roig-Greene. In der Beschreibung wurde die Drahtschlinge mit einer Kocherklemme verjüngt.

Uns hat diese Entfernungsmethode danach nicht mehr losgelassen.

Die Technik an sich ist sehr effizient. Beim Arbeiten mit dem Mikroskop stellt sich allerdings die Frage nach der „ dritten Hand“, um Spiegel, Kanüle und Arterienklemme halten zu können. Wir haben erste Prototypen entwickelt, die eine einhändige Arbeitsweise zuließen und diese dem einen oder anderen Endodontologen zum Testen zur Verfügung gestellt. Ebenfalls wieder mit durchweg positiver Resonanz.

Also begannen wir damit, einen Industriepartner für die Vermarktung des ersten Prototypen „ Fraggrabber“ zu suchen.

Der Prozess zog sich über zwei Jahre hin und war für uns sehr frustran, da kein großes oder kleines Unternehmen aus der Dentalbranche zur Produktion bereit war. Die Idee ist gut – der Markt sehr klein – die Kosten viel zu hoch. So unisono waren die Reaktionen. Dr. Hans Willi Herrmann hat hier bereits darüber berichtet.

Am mentalen Tiefpunkt angekommen, hat uns dann Dr. Stephan Gäbler mit neuen Ideen vor dem Abbrechen des Projektes bewahrt. Zu dritt haben wir den Entwicklungsprozess also weiter vorangetrieben und den FragRemover konzipiert.

Der Fragremover wird ein CE –zertifiziertes Gerät aus Edelstahl sein. Auf dem Bild ist die letzte Entwicklungsstufe zu sehen. Das Gerät ist dauerhaft ohne große Folgekosten verwendbar. Man kann normale Spülkanülen und feine Edelstahldrähte zum Fragmententfernen benutzen.

Im Verlauf der letzten zwei Jahre haben wir diverse Fragmentfälle mit der Schlaufentechnik und unseren Prototypen gelöst und möchten diese Technik nicht mehr missen. Die Vorteile gegenüber anderen Methoden werden im Folgenden noch einmal kurz zusammengefasst.

  1. minimalinvasive Freilegung
  2. gute Entfernbarkeit von langen Fragmenten aus dem Krümmungsbereich
  3. sehr gute visuelle Kontrolle
  4. Vermeidung von Sekundärfrakturen
  5. sicheres Fassen des Fragmentes
  6. geringer Zeitbedarf

Die beiden folgenden Fälle sollen das Beschriebene veranschaulichen.

Im ersten Fall ließ sich das Fragment, obwohl bereits gelockert, nicht um die Krümmung bewegen . Die Entfernung erfolgte mit einer Doppelkanüle und einem 0,075 mm starken Draht.

Im zweiten Fall wurde bei einer 30 jährige Patientin der Zahn 16 mit einem ca. 4 mm langen Fragment im mb1 endodontisch behandelt. Nach der Entfernung des verbliebenen Pulpendaches konnten vier Kanaleingänge dargestellt werden.

 

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Mit U-Feilen (ISO15 und Iso 20) wurden nur ca. 0,5 mm des Fragmentkopfes zirkumferent freigelegt.

Das Fragment war weiterhin hochretentiv und nicht beweglich. Nun konnte die Schlinge mit einem 0,075 mm starken Draht um den Fragmentkopf gelegt und das Fragment allein durch Zug aus dem Wurzelkanal entfernt werden. Die dabei verwendete Kanüle hatte einen Außendurchmesser von 0,3 mm.

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Alle Wurzelkanäle wurden in der Folge aufbereitet und obturiert. Durch den minimalen Substanzabtrag bei der Fragmentfreilegung war eine konische Aufbereitung in üblichen Dimensionen möglich. Die alleinige Ultraschallentfernungstechnik hätte in diesem Fall vermutlich einen höheren Substanzabtrag und mit Sicherheit einen größeren Zeitaufwand zur Folge gehabt.

Unter https://youtu.be/awERGz9jNZk wird die beschriebene Fragmententfernung in einem kurzen Video demonstriert.

Der Fragremover ist für uns, auf Grund der universellen Einsetzbarkeit, zu einem unverzichtbaren Hilfsmittel bei der Fragmententfernung geworden und wir glauben, dass auch andere Kollegen davon profitieren können.

Deshalb haben wir uns jetzt entschieden, dieses Werkzeug selbst auf den Markt zu bringen. Dies soll über ein Crowd-Funding realisiert werden.

Weitere Informationen hierzu finden Sie auf unserer Homepage www.fragremover.com.

Disclaimer: Es besteht beim Autor kein Interessenkonflikt in Form einer finanziellen Beziehung zu Dritten, deren Interessen vom Beitragsinhalt positiv oder negativ betroffen sein könnten.

8 Gedanken zu „Fragremover – eine Idee nimmt Formen an

  1. Ich habe mir eben die Webseite angeschaut, und ich muss sagen: sehr überzeugend. Scheint mir ein höchst sinnvolles Instrument zu sein. Leider habe ich als Nicht-Endodontologe keine Verwendung für das Gerät, ich hätte sonst wohl eine Bestellung gezeichnet. Aber ich werde die Webseite ein wenig unter meinen Kollegen bekannt machen. Wäre denn auch eine Lieferung ins Ausland – von EU bis Übersee – möglich? Haben Sie sich Gedanken gemacht, wie gegebenenfalls institutionelle Interessenten berücksichtigt werden könnten? So, wie ich die Verwaltungen und Beschaffungsabteilungen kenne, dürften die sich schwertun damit, auch bei garantierter Rückzahlung.
    Das Gerät erleichtert und beschleunigt das Entfernen von WK-Instrument-Fragmenten offenbar erheblich, man kommt wesentlich schneller und viel häufiger zum Ziel als bisher. D.h., dass die Behandlung für die Patienten günstiger werden kann und/oder für den Behandler lukrativer. Ich würde, sofern irgend möglich unterbaut durch Fakten, versuchen, das zu kommunizieren. Und auch Tipps zur Abrechnung zu geben. Schließlich ist auch eine Zahnarztpraxis ein Unternehmen, das vom Überschuss lebt und nicht von der Anschaffung sich nie rentierender Gerätschaften. Die würden Hobby genannt und die Ausgaben dafür wären mit persönlichen Glücksgefühlen abzugleichen. Sicherlich wird es den einen oder anderen Ritter geben, der so ein Gerät selbstlos kaufen würde, ohne sich um eine Amortisation Gedanken zu machen. Allen anderen würde ich den Steigbügel so einladend hinhalten, wie es nur möglich ist. Das kann man auch aufrecht tun, man muss nicht buckeln.
    „Die alleinige Ultraschallentfernungstechnik hätte in diesem Fall vermutlich einen höheren Substanzabtrag und mit Sicherheit einen größeren Zeitaufwand zur Folge gehabt.“ Hej, das ist doch eine Studie, die an einem Wochenende durchgezogen werden könnte. Endo-Übungszähne von Frasaco&Co, mit Instrument-Fragmenten „versehen“, randomisierte Zuweisung zu den Gruppen Fragremover, Ultraschall,…? Benötigte Zeit bis zur Entfernung mitschreiben – und schon kann auf den Konjunktiv verzichtet werden, der auch die Aussage „mit Sicherheit…“ kompromittiert. Bei den zu erwartenden Unterschieden braucht man nicht viele „Fälle“. Und für den Substanzabtrag müßte man lediglich die Volumina einer Flüssigkeit messen, die vor- und nach Entfernung in den Kanal hineinpassen; dabei das Volumen des Fragmentes nicht vergessen… Ich kann gerne unsere Endofreaks fragen, dann wäre die Studie unabhängig von Entwickler/Hersteller/Vertreiber.
    Was nicht gut ist: Obwohl angekündigt, finde ich keine Zahl verkaufter Geräte. Auch wenn die Seite vielleicht noch keine Woche online ist: woher soll der Besucher das wissen? Das sieht dann nach Versteckspiel und wenig Selbstbewußtsein aus. Besser wäre m.E., die Erstveröffentlichung mit Datum anzukündigen…
    So, wie der Fragremover beschrieben wird, bin ich aber eigentlich ziemlich überzeugt von seinem Erfolg. Good luck.

    • Guten Morgen Herr Pohl,
      danke erst einmal für die summa summarum positive Einschätzung.
      Einige Punkte auf der Website müssen noch umprogrammiert werden, so dass wir sie täglich aktualisieren können. Aber um einige Fragen direkt zu beantworten die mich bis jetzt auch per email erreicht haben:
      Die Seite ist am 15.05. online geschaltet worden und genau an diesem Tag beginnen auch die vier Monate Sammelphase , also spätestens am 15.09. 2015 müssen 150 Bestellungen da sein. Für institutionelle Bestellungen gelten bisher die gleichen Bedingungen wie für alle anderen, wir können dort sicherlich aber auch separate Absprachen treffen.
      Der aktuelle Stand der Bestellungen gestern Abend : 3
      Der Versand ist theoretisch überall hin möglich, die genauen Versandkosten kann ich aber außerhalb der EU nicht beziffern.
      In Deutschland wird der Preis zuzgl. MwSt. fällig , also 1011,50 Euro. Für das Ausland gilt ganz allgemein, dass die Mehrwertsteuer bei der Einfuhr landesspezifisch beim Zoll nachgezahlt wird und der Käufer den Betrag ohne Mehrwertsteuer überweißt.
      Eine entsprechende Studie ist nicht ganz so einfach umzusetzen wie es auf den ersten Blick scheint. An Frasaco-Zähnen kann man mit US nicht arbeiten, dann schmilzt dort alles. Also humane Zähne , mit standardisierter Wurzelkrümmung , identisch versenkte und frakturierte Fragmente ……… Des Weiteren geübte Endodontologen zur Entfernung . Ich habe begonnen und bin bisher noch nicht sehr weit gekommen. Aber sollte jemand Lust und Zeit haben – Unterstützung ist herzlich willkommen. Fälle zu Demo gibt es dagegen eine ganze Menge, ich werde in den nächsten Tagen noch möglichst viele auf der Internetseite einstellen.

      LG Nils Widera

      • Ich werde die Infos bei ein paar Kollegen in Übersee streuen, aber es werden vorher mehr Fallbeispiele auf der Homepage nötig sein um die zu überzeugen!

        Gruß Gregor S.

        PS: Ich hatte wegen der M1 Stühle angefragt Nils, aber die Kollegin hat ihre drei Stück dem Depot überlassen „dürfen“…😢

      • Superteil und schön, dass Ihr einen Weg gefunden habt es raus zu bringen. Hab gehört, dass es nicht leicht war ;)
        Wenn es möglich ist, postet doch die Fälle und Videos bei roots, nexus oder endomaniacs auf fb. Euer Auftritt ist zwar schön aber da muss man erstmal hinkommen…

  2. Sehr geehrter Herr Renatus,

    vielen Dank für die wohlwollenden Worte. Die Bestellung ist gut angelaufen. Ich wünsche Ihnen und uns, dass Sie den Fragremover bald in den Händen halten.

    Herzliche Grüße
    M. Leineweber

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