Trickkiste

von Ronald Wecker

Dieser obere Eckzahn verlangte einen tieferen Griff in die endodontische Trickkiste.

Zustand nach perforierender externer Resorption 2 Jahre nach operativer Entfernung von Zahn 22 mit gleichzeitiger Zystektomie. Pulpanekrose und stark obliterierter koronaler Kanalanteil. Hinzu kam, daß die Kronenachse nach langzeitprovisorischer Versorgung deutlich von der Zahnachse abweicht.

Bereits der Zugang erforderte ein wenig mehr Überlegung als sonst. Um die Zugangskavität zahnachsengerecht anlegen zu können wurde die Zahnachse präoperativ mit einem Permanentmarker auf die Labialfläche der provisorischen Krone aufgezeichnet.

Um den Zahn, der der distale Brückenpfeiler einer dreigliedrigen Brücke ist,  zu isolieren  wurde das Kofferdamgummi von 24 bis 21 gelocht und die gestanzten Löcher von 23 bis 21 durch Durchtrennen der Stege zu einem einzigen “Langloch” erweitert. Die Befestigung des Gummis erfolgte durch 2 Klammern: Eine “2A” auf 24 und eine “1” auf 21. Das “Langloch” wurde mittels Opaldam abgedichtet.

Die Zugangskavität führte geradewegs zum stark obliterierten koronalen Kanalanteil. Anhand der endodontischen Landkarte war der Kanaleingang recht schnell aufgefunden. Bereits nach initialer Erweiterung  imponierte eine Blutung aus dem Resorptionsbereich die nach Spülung mit erwärmtem NaOCl recht schnell zum Erliegen kam.

Die endometrische Bestimmung der Arbeitslänge konnte nur mittels Isolierung des Handinstrumentes durch eine abgeschnittene und über den mittleren bis koronalen Teils des Instrumentes geschobenen “Capillary Tip” durchgeführt werden, einen Tip den ich von Hans-Willi Herrmann erhalten hatte. Der Kontakt des unisolierten Handinstrumentes mit der Resorptionslakune führte nämlich immer wieder zu Fehlmessungen.

Da die Blutung weiterhin sistierte und die Resorptionslakune halbkreisförmig um den Originalkanal angeordnet war beschloss ich zunächst die Aufbereitung des Kanals zu beenden und dann diesen zu obturieren, bevor ich die Resorptionslakune nebst Perforation mit MTA verschliessen würde.

Die Arbeitslänge betrug 27 mm, sodaß eine Verlängerung der Guttaperchaspitze gefragt war. Dies geschah in der an dieser Stelle schon einmal beschriebenen Art und Weise.

Um die Guttaperchaspitze so abzulängen, daß sie gerade ein wenig unterhalb des Kanaleingangs endet, musste zunächst die Strecke vom Referenzpunkt bis zum Kanaleingang ermittelt werden. Dies geschah mit Hilfe eines auf einem Plugger aufgebrachten Silikonstopps. Von der Gesamtlänge der Guttapercha (27mm) wurde daraufhin oben genannte Strecke abgezogen (16 mm) sodaß die apikal benötigte Guttaperchaspitze eine Länge von 11 mm besitzen musste. Das Einbringen erfolgte indem der gekürzte Masterpoint auf die Spitze eines Microopener platziert wurde. Nur so war zu verhindern, daß Guttapercha und /oder Sealer in die Resorptions- bzw. Perforationslakune verbracht wurde.

Nachdem dies erfolgt war wurde der apikale Guttaperchteil warm vertikal kompaktiert. Anschliessend erfolgte eine inkrementelles Backfill bis knapp unterhalb des Kanaleingangs. Darauf hin wurde MTA Angelus in mehreren Portionen eingebracht und durch indirekte Ultraschallaktivierung kompaktiert. Nach Aushärtung des MTA erfolgte der dentinadhäsive Verschluss der Zugangskavität.

Ich bin gespannt wie  sich der Zahn in den mittel- und langfristigen Recalls zeigen wird.

2 Gedanken zu „Trickkiste

  1. Schön gelöst – gestatte mir zwei Fragen:
    1. Die Resorption erscheint mir eine Verbindung mit der Mundhöhle zu haben; auf jeden Fall sieht sie über dem Knochen endend aus. War dem so? Und wenn es so war, warum hast Du MTA genommen?
    2. Du hast die Guttaspitze vorher schön eingemessen. Um die Verschmierung ind die Lakune zu verhindern. Wie hast Du dann vertikal kondensiert , ohne Sealer/ Gutta nach oben zu transportieren?

    Herzliche Grüße Stefan

    • Ronald sagt, dass er den Defekt nicht vollständig einsehen konnte, ohne die klinische Krone vollständig zu zerstören. Da ihm nicht vollkommen klar war, ob die Perforation vollständig oder nur Ronald sagt, dass er sich, da er nicht einsehen konnte ob die Perforation ganz oder nur teilweise supracrestal lag, für MTA entschieden, da Guttapercha mit Sealer im supracrestalen Bereich sicher schlechtere Ergebnisse erzielt als Composite, letzteres aber in diesem Fall schlechter zu kontrollieren war. Der bei der Therapie anwesenden überweisenden Kollegin hat Ronald empfohlen die langzeitprovisorische Brücke zu entfernen und bei Kontakt zwischen MTA und Mundhöhle nach Lappenpräparation das MTA mit Composite abzudecken.

      Ronald sagt, dass die Sealerapplikation kniffelig war. Er hat zunächst die GP etwas unterhalb der Perforationslakune eingemessen, sodass ca. 1,5 mm nicht mit GP gefüllter Kanalanteil als Sealerreservoir dienen konnte. Wenig Sealer aufzutragen war die andere Schwierigkeit. Dann die GP zunächst kalt nach untern geschoben und mit etwas Glück hatte er die Sealermenge zuvor ganz gut bemessen, sodass “oben” zirkulär ein wenig Sealer austrat. Mit dem Hitzeträger 30/04 konnte dann schrittweise bis auf AL minus 3 mm hinunter gearbeitet werden. Er denkt, dass das Freilassen von ein wenig Kanalanteil koronal der Trick war.

      Herzliche Grüße

      Jörg

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