Amalgam – Auflösung

von Christian Danzl

Ob man diese Lösung als Erfolg bewertet oder nicht, diese Brücke war 15 Jahre im Mund. Punkt.

Und es gibt genügend “bessere” Brücken, die NICHT so lange halten.

Trotzdem distanziere ich mich von so einer Zahnheilkunde.

Die Brücke wurde angefertigt von einem Zahnarzt im deutschsprachigen Ausland.

Und eine Frage sollte an die “Amalgam-Hardliner” gestellt werden dürfen:

Hätten Sie Ihrer Tochter diese Versorgung angedeihen lassen?

7 Gedanken zu „Amalgam – Auflösung

  1. Ich denke, mit Composite dieser Ausdehnung wäre das nicht so lange gut gegangen, weil auf Composite Bakterien besser wachsen.

    Die Amalgamfüllung ist nicht lege artis gelegt worden, also ist die Frage, ob man sie der eigenen Tochter gelegt hätte, neben der Sache.

    Aber ja, meine Tochter (3 Jahre) hat vor kurzem eine kleine, okklusale Füllung bekommen (Zahn 55, vermutlich zu häufig Trockenfrüchte), aus Amalgam. Sie wollte sich vom Papa nicht behandeln lassen. Da war Amalgam dann das Material der Wahl, das sich im Infight schnell u. sicher legen ließ.

  2. Hallo Christian,

    ein echter Fall aus der (landzahnärztlichen) Praxis, der zeigt, dass auch “schlechte Qualität” durchaus “lange halten” kann. Der gezeigt Aufbau entspricht zweifellos nicht einer “good clinicl practice”, das liegt aber sich nicht am Material. Ich bin auch kein “Amalgam-Hardliner”, muss aber doch wohl zur “Ehrenrettung” des Materials in die Bresche springen, wenn sich von denen keiner outen möchte.

    Denn Amalgam-(Kern-)Aufbauten werden für Molaren in der internationalen Literatur und Praxis – ausserhalb Deutschlands – durchaus positiv beurteilt.

    Der “Nayyar-Core” z.B. ist eine bewährte und auch evidenzbasierte Restaurationsform endodonrtisch behandelter Zähne im Seitenzahnbereich. Dabei zeichnet er sich gerade durch eine hohe Frakturresistenz in Bereichen hoher Kaulast aus. Aber auch die Kosten-Nutzen-Relation ist hervorragend, was in all den Ländern eine Rolle spielt, in denen der Patient tatsächlich die Kosten seiner Versorgung selber tragen muss.

    Zahnärztlich-wissenschaftlich würde ich also meiner Tochter bei entsprechender Indikation einen solchen Aufbau machen… wenn es rechtlich in Deutschland nicht die ausdrücklichen Anwendungseinschränkungen in besonderen klinischen Fällen (z. B. bei Stumpfaufbauten) des BfArM gäbe.

    In Deutschland ist damit eine Indikation von Amalgam für Aufbauten nicht mehr vorgesehen. Eine “emminenz”- und nicht evidenzbasierte Entscheidung, die aber für mich zu akzeptieren ist. ;-))

    Für fleissige “Faktenchecker” füge ich ein paar Literaturzitate (nur für die Restauration wurzelkanalbehandleter Zähne) an. Vor allem der systematische Review aus 2009 ist, finde ich, durchaus lesenswert.

    Nayyar A, Walton RE, Leonard LA. An amalgam coronal-radicular dowel and core technique for endodontically treated posterior teeth. J Prosthet Dent, 1980 43(5):511-5

    Lynch CD, Burke FM, Ní Ríordáin R, Hannigan A. The influence of coronal restoration type on the survival of endodontically treated teeth. Eur J Prosthodont Restor Dent. 2004 Dec;12(4):171-6.

    Ferrier S, Sekhon BS, Brunton PA.A study of the fracture resistance of nyyar cores of three restorative materials.Oper Dent. 2008 May-Jun;33(3):305-11.

    Theodosopoulou JN, Chochlidakis KM.A systematic review of dowel (post) and core materials and systems. J Prosthodont. 2009 Aug;18(6):464-72.

    Grüße vom Lande,
    Thomas

  3. Thomas, fachlich gebe ich Dir hinsichtlich der Amalgamaufbauten Recht, juristisch nicht. Es gibt keine verbindlichen Einschränkungen für Amalgamaufbauten durch das BfArm in Deutschland, die Wahl des Materials liegt in der Hand des Zahnarztes. Demzufolge ist Amalgam (Epoque 70 Duett) auch mein bevorzugtes Aufbaumaterial. Einziges Problem sind eigentlich nur die Gingivatätowierungen, die man am besten am Ende der Präparation gleich wieder rotierend (bei mir mit Rotringdiamanten) entfernt. Hier ein paar klinische Bilder meiner Amalgamaufbauten:
    http://picasaweb.google.de/michael.logies/Aufbauten?authkey=Gv1sRgCIOxt_Huj_3zbQ und http://www.logies.de/Amalgamfuellungen.htm

    • Hallo Michael,

      das BfArM hat in seiner Publikation: “Amalgame in der zahnärztlichen Therapie” von 2003 und Januar 2005 ausgeführt:

      “In Einzelfällen sind elektrochemische Reaktionen infolge korrosiver Prozesse an Amalgamfüllungen nicht auszuschließen, wobei Geschmacksveränderungen (Metallgeschmack, im Extremfall Stanniolpapiereffekt) beschrieben wurden. Solche korrosiven Prozesse werden insbesondere durch den direkten Kontakt von Amalgam mit anderen, edleren Legierungen begünstigt. Entsprechende klinische Situationen sind der approximale bzw. okklusale Kontakt von Amalgam mit anderen metallischen Restaurationen sowie die Verwendung von Amalgam als Material für Stumpfaufbauten zur Aufnahme von festsitzendem Zahnersatz oder als Füllungsmaterial unter Kronen und Inlays. Es wird empfohlen, auf neue Amalgamfüllungen in solchen Situationen zu verzichten.”

      Und später explizit unter Punkt 8:

      “Welche Anwendungseinschränkungen sollten beachtet werden?

      …… Nicht geeignet ist Amalgam für retrograde Wurzelfüllungen und als Füllungsmaterial in gegossenen Kronen. Es sollte nicht als Material für die Neuanfertigung von Stumpfaufbauten zur Aufnahme von Kronen oder Inlays verwendet werden.”

      Das mag juristisch nicht verbindlich sein, die indikationsgerechte Materialwahl liegt sicher in der Hand und in der Verantwortung des Zahnarztes. Allerdings stellt sich diese Formulierung für mich als eine deutliche Indikationseinschränkung dar.

      In meiner Landpraxis hat es sich als gut erwiesen, solchen Anwendungsempfehlungen zu folgen, um unangenehme gerichtliche Auseinandersetzungen im Falle späterer Gesundheitsprobleme, die – sicher wissenschaftlich völlig unbegründet – von Heilpraktikern und manchen Paramedizinern auf “Amalgam unter den Kronen” oder “Amalgam in den Wurzeln” zurückgeführt werden, zu vermeiden.

      Auch ich verwende Amalgame bei entsprechender Indikation und nach eingehender Aufklärung des Patienten und halte sie für eine wertvolle Therapieoption, gerade für Patienten, die sich eine Versorgung über das Niveau der “Regelversorgung” nicht leisten können (oder wollen).

  4. Die Amalgam-Füllungen meiner 6er und 7er wurden mir wohl im Alter von ca. 14-15 Jahren gelegt und ich hab sie erst mit 33 revidieren lassen müssen (mit Gold). Der Zahnarzt damals war ein komischer alter Kauz mit einem eher, sagen wir “militärischen” Umgangston. Aber sein Handwerk verstand er. Hut ab. Und ob eine Kompositfüllung so lange gehalten hätte, bezweifle ich.

    • Ich habe noch zahlreiche, intakte Amalgamfüllungen in meinen Zähnen, die mir zu Beginn meines Studiums im Studentenkurs gelegt wurden. Das ist jetzt 27 Jahre her. Im Jahr 2008 hatte ich an einem Prämolar eine Füllung teilweise “weggeknirscht”, die mir meine Frau dann wieder neu legen musste: mit Amalgam, weil die Kavität absolut kariesfrei war und die Indikation für eine Amalgamfüllung nach wie vor bestand…
      Ich bin gespannt, ob mich diese Füllung nicht vielleicht überlebt.

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