Maschineller Gleitpfad -Chancen und Risiken

Von Jörg Schröder

Auf der Jahrestagung der DGEndo 2006  in Dresden habe ich, wie sicher mancher andere auch, gestaunt als Michael Arnold während der Livebehandlung sein Vorgehen beim initialen Aufbereiten von engen und zum Teil obliterierten Kanälen demonstrierte. Das sofortige Verwenden rotierender NiTi-Instrumente ohne vorher einen Gleitpfad mit Handinstrumenten zu erarbeiten erschien mir unvorstellbar kühn.

Durch die Abfolge bestimmter Instrumente mit unterschiedlichem Durchmesser und unterschiedlicher Konizität gelingt es, nach Darstellung des Eingangs selbst sehr enger Kanäle diese erheblich schneller und mit meines Erachtens geringerer Veränderung des Originalverlaufs aufzubereiten, als mir dies mit Handinstrumenten möglich ist.

Mittlerweile ist dieses Vorgehen fester Bestandteil meines Aufbereitungskonzepts geworden. Nach der Kanaldarstellung mittels Munce-Rosenbohrern oder Ultraschallinstrumenten setze ich eine ProFile 15/04 vollrotierend ein. Die Instrumentenspitze wird bei mit Spülflüssigkeit gefluteter Zugangskavität mit leichtem Druck auf den Kanaleingang aufgesetzt und dann “pickend/tupfend” nach apikal bewegt. Die aktive Schneidephase beträgt ca. 1 Sekunde. Danach wird das Instrument wieder etwas zurückgezogen und erneut für ungefähr eine Sekunde eingesetzt. Die ständige visuelle Kontrolle des Instruments während der Einsatzphase und die Inspektion der Instrumentenspitze im Mikroskop ist von großer Wichtigkeit um Deformationen rechtzeitig zu erkennen und das Instrument gegebenenfalls zu verwerfen.

Nach dem Erarbeiten der ersten 2-3 mm kommt bei mir eine ProFile 20/04 und wenn diese die Arbeitslänge der 15/04 erreicht hat, eine ProFile 15/06 zum Einsatz. Anschliessend beginnt diese Sequenz mit Einsatz der 15/04 erneut. Das wiederholte Einsetzen der Abfolge 15/04, 20/04 und  15/06 ermöglicht ein allmähliches Vordringen bis ins apikale Drittel. Die Instrumente schneiden jedes Mal nur in einem Bereich von 2-3 mm und arbeiten nie auf voller Länge. Doch dieses Vorgehen ist nicht ohne Risiko. Zu großer Druck, zu langes Verharren (mehr als eine Sekunde) oder das aktive Schneiden auf zu großer Länge können sehr schnell zu Instrumentenfrakturen führen.

Anbei ein Beispiel von dieser Woche. Der zwischen MB und ML gelegene und bei der alio loco durchgeführten Wurzelkanalbehandlung nicht aufbereitetete Kanal war mit oben beschriebenen Verfahren in ungefähr 4 Minuten patent.

Bei der Revision der bereits obturierten mesialen Kanalsysteme kam es beim Entfernen mit der oben beschriebenen Arbeitsweise zu 2 Frakturen an der Spitze von 2 fabrikneuen ProFile 15/06.

Ein klassisches Beispiel für eine Torsionsfraktur. Die Spitze des Instruments wird fixiert und es kommt nach einem Aufdrehen zu einer Fraktur im weiter koronal gelegene Teil. Die Drehmomentkontrolle versagt an dieser Stelle, da die Drehmomente für das Arbeiten des jeweils dicksten Instrumentenanteils ausgelegt sind.

Bevor diese Technik am Patienten zum Einsatz kommt empfehle ich daher, das Vorgehen an extrahierten Zähnen einzuüben. Der maschinell erstellte Gleitpfad hält nämlich nicht nur Chancen bereit, sondern birgt bei nicht korrekter Vorgehensweise auch erhebliche Risiken.

Kommentar verfassen