Das System ist kaputt. Zieht die richtigen Schlüsse draus…

Auch wenn allen Orten von Inflation und Wirtschaftsabschwung und drohender Armut die Rede ist, es gibt offensichtlich noch genügend Personen, denen es so gut geht, dass diese sich Luxusgüter leisten können.

Luxusgüter.
Diesen Begriff kann man natürlich ganz gross aufhängen. Luxus, das ist der Privatjet, die Megayacht, die Villa in Saint Tropez mit dem Bugatti in der Garage.

Es geht aber auch etwas kleiner.
Sprich eine teure Handtasche oder die teure Armbanduhr.

Dinge, die schon immer so begehrt waren, dass nicht nur ein hoher Preis, sondern auch eine gewisse Wartezeit auf dieses Produkt damit verbunden war. Mittlerweile hat diese Situation aber eine neue Dimension erreicht. Selbst wer bereit wäre, wie früher in der DDR mehr als ein Jahrzehnt geduldigen Ausharrens in Kauf zu nehmen, um den begehrten Trabant irgendwann in ferner Zukunft in Empfang nehmen zu können, wird enttäuscht werden. Der normale Bürger, zu denen ich – nur um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen – den ordinären Zahnarzt in Deutschland hinzuzähle, hat nur in den seltensten Fällen mehr die Möglichkeit, ein solches Produkt, die sprichwörtliche “Daytona, Submariner, GMT 2” zu erwerben, selbst wenn er bereit wäre, sich einen persönlichen Traum erfüllend wollend, den entsprechenden regulären Preis, der zudem Jahr für Jahr mit einer Preissteigerung verbunden ist, zu zahlen.

Diese stark nachgefragten Gegenstände kommen nämlich gar nicht mehr in den freien Verkauf. Es gibt auch im Gegensatz zu früher keine Wartelisten mehr, in die man sich eintragen könnte. Zumindest keine Listen, die dann auch regulär abgearbeitet werden. Vielmehr werden besagte Pretiosen an ausgesuchte, gute Kunden verkauft. Wobei ein guter Kunde ein solcher ist, der über eine gewisse Kaufhistorie verfügt. Er also im Laufe der Zeit eine gewisse Summe Geldes, kolportiert werden mehrere 10.000 Euro oder gar 50.000 Euro für andere Produkte des Hauses ausgegeben hat, um dann irgendwann vielleicht die Gelegenheit zu bekommen, das besagte Wunschobjekt käuflich erwerben zu dürfen.

Gibt es eine Parallele zur Zahnmedizin ?
Ja und Nein.

Fest steht. Es gibt im Dentalen ebenso wie im Medizinischen eine Nachfragesituation.
Die Alten hören auf, etliche Praxen schliessen.
Die Patienten müssen sich neue Behandler suchen.
Und wenden sich an die verbliebenen Praxen. Welche, wenn sie ihre Hausaufgaben gemacht haben, sich schon jetzt nicht vor Zulauf retten können.

Goldene Zeiten für die Dienstleister im Gesundheitswesen.
Sollte man meinen.

Wenn nicht ein wichtiger Unterschied zu Hermes und Rolex vorgegeben wäre.
Patienten selektieren und Preise permanent den Preissteigerungen des Marktes oder auch nur der hohen Nachfrage anzupassen, das geht nämlich in der Zahnmedizin nicht. Denn der Gesetzgeber gibt die Marschrichtung vor. Gut daran ist der Grundgedanke: Der freie Zugang zu Gesundheitsleistungen ist ein schützenswertes Gut, welches grundsätzlich jedem Bürger unseres Landes, unabhängig seines Kontostandes zustehen sollte.

Es liegt jedoch auf der Hand, dass in einer Welt begrenzter finanzieller Mittel (und angesichts einer riesigen Staatsverschuldung muss klar sein, dass wir in einer solchen leben), nicht jegliche Gesundheitsleistung bezahlbar ist. Um bei der Analogie zu bleiben: Sie brauchen eine Tasche um ihre Einkäufe vom Supermarkt nach Hause zu tragen und eine Uhr, um zu wissen, wann ihre Strassenbahn fährt. Das Versprechen der Politik lautet jedoch: Jeder Patient bekommt eine Luxus-Handtasche, eine teure Uhr, wenn er diese braucht. Oder auch nur wünscht. Selbst wenn er schon jeweils 3 davon zu Hause hat.

Find ich gut, sagt der Patient.
Und lange Wartezeiten darf es nicht geben.
Und schon gar nicht irgendwelche Wartelisten.

Der Arzt ist angewiesen, alle Leistungen und genügend Termine zeitnah bereitzustellen.

Warum geht das in der Medizin ?
Im Gegensatz zur realen Welt der Luxushandtaschen und Luxusuhren?

Ein Gleichnis mag die Situation verdeutlichen: Man stelle sich vor, wenige Jahre nach dem zweiten Weltkrieg tritt der deutsche Staat an die Firmen Hermes, Louis Vuitton und Gucci, aber auch an jedes kleine Taschen- oder Uhrmachergeschäft in Deutschland heran mit der Order, jedem Einwohner der BRD eine Handtasche seiner Wahl kostenlos zur Verfügung zu stellen. Und verlangte von den Firmen Rolex, Patek Phillipe, Breitling und selbstverständlich auch von jeder andere Uhrenmarke, die in Deutschland vertreten ist, alle Bewohnern des Landes auf Wunsch mit einer Uhr der Marke auszustatten. Dies würde man, egal ob billige oder teure Uhr/Handtasche der Einfachheit halber den Firmen mit einem Einheitspreis von 100 DM pro verkaufter Handtasche und 200 DM pro verkaufter Uhr vergüten, vorausgesetzt, das die insgesamt zur Verfügung stehende Geldsumme nicht ausgeschöpft werde. Nur für den unwahrscheinlichen Fall (aus welchen Gründen auch immer), daß mehr Uhren und mehr Handtaschen als vorgesehen verkauft würden, werde die Erstattungssumme pro Kauf entsprechend nach unten hin korrigiert. Man gehe davon aus, dass bei der großen Zahl an Verkäufen und einer insgesamt zur Verfügung stehenden Geldmenge von 10 Milliarden DM die Firmen eine adäquate Menge an Gewinn erzielen können, auch wenn in seltenen Fällen bestimmte Handtaschen oder Uhren des Herstellersortimentes einen Herstellungspreis besitzen, der über dem Einheitspreis liegt, demnach mit einem kleinen Verlust verkauft werden.

Zunächst funktioniert dieses Modell.
Während Rolex, Patek Phillipe, Hermes und Louis Vuitton von vorne herein dankend ablehnen und auf einen staatlich geförderten Verkauf ihrer Produkte in Deutschland verzichten, gehen die anderen Firmen auf das Konstrukt ein.

Man verspricht sich eine enorme Nachfrage nach Handtaschen und Uhren.
Das waren Waren, die bislang eher selten verkauft wurden. Insbesondere die kleinen Läden, die solche Waren anboten, machten bislang nur einen geringen Gewinn, von dem sie mehr schlecht als recht davon leben konnten. Für diese ist die neue Regelung eine Chance hin zum Besseren.

In der Tat setzt ein enormer Run auf die für die Kunden nun kostenlosen Produkte ein.
Die Nachfrage ist nicht zu bewältigen. Obwohl Tag und Nacht gearbeitet wird und auch viele neue Mitarbeiter für Herstellung und Verkauf eingestellt werden.

Weil die Kunden aber froh sind, überhaupt eine Uhr und eine Tasche zu bekommen, wird genommen, was da ist. So ist es unterm Strich allen Beteiligten, Herstellern wie Verkäufern gleichermaßen möglich, ihre gesamte Produktpalette, teure wie billige Uhren an den Mann zu bringen und einen ansehnlichen Gewinn zu realisieren. Und auch die Kunden sind zufrieden. Endlich haben sie eine solide Tasche für ihre Einkäufe und obendrein eine schöne Uhr noch umsonst dazu.

Die Besitzer der Taschen – und Uhrengeschäfte können ebenfalls ihr Glück nicht fassen.
Ein warmer Geldregen ist über sie hereingebrochen.

Sie feiern ausgiebig und geben, nachdem sie zuvor über 20 Jahre eher von der Hand in den Mund gelebt haben – sie haben Nachholbedarf – das Geld für die schönen Dinge des Lebens aus. In der BRD der 60er und 70er Jahre waren dies zum Beispiel schnelle oder luxuriöse Autos. Darüber freuen sich die Autohändler. Die Kunden – ungeachtet der Tatsache, das sie gerade eine neue kostenlose Uhr bekommen haben – rümpfen die Nase. Sind neidisch. Wieso fährt unser Nachbar, der die ganze Zeit nur einen klapprigen VW Käfer hatte, nun einen neuen großen Mercedes.

Leider stellt sich nach Prüfung durch die staatliche Finanzbehörde im Nachgang heraus, das mehr Geld ausgegeben wurde, als zur Verfügung stand.
Man ist von der hohen Nachfrage überrascht worden.

Daher sieht man sich 2 Jahre später gezwungen, von jedem realisierten Verkauf 10 Prozent wieder vom Verkäufer zurückzufordern.

Was die guten Gewinne der Vorjahre im Nachhinein relativiert.
10 Prozent weniger Einnahmen bedeuten 30 Prozent weniger Gewinn.

Die großen Firmen protestieren.
Die kleinen Geschäfte jammern. Das Auto wurde bar bezahlt, das Geld ist weg.
Woher nehmen ?
Es nützt nichts, denn diese Vorgehensweise war von vorne herein vereinbart, auch wenn Alle naiverweise davon ausgingen, dass diese Klausel des Vertrages nie zum Tragen kommen würde.

Des guten Willens wegen erklärt sich der Staat bereit, zukünftig die zur Verfügung stehende Summe, die offensichtlich zu gering war, um 5 Prozent zu erhöhen.

Was zwar keine vollständige Deckung der ehemals verbrauchten Geldsumme darstellt, aber man geht von Staatsseite her aus – da schon viele Uhren und Taschen verkauft worden sind – das im folgenden Jahr das Budget nicht ausgeschöpft wird.
Demnach die Uhren- und Taschenhersteller wie auch die Verkäufer, so wird ihnen suggeriert, sogar einen höheren Gewinn erzielen werden. Mit dem sie die Verluste der Vergangenheit im Laufe der nächsten Jahre wieder ausgleichen können. Alle sind einverstanden.

Leider funktioniert dies nicht wie erhofft.
Viele Kunden, die sich zunächst mit Uhren oder Handtaschen eingedeckt hatten, haben zwischenzeitlich festgestellt, daß das erworbene Produkt nicht ganz ihren Wünschen entspricht. Die Tasche ist zu gross oder zu klein, die Uhr des Nachbarn, der das Glück hatte, eine der seltenen goldenen Uhren zu erhalten, macht mehr her.

Die Nachfrage nach Uhren und Taschen reisst nicht ab.
Allerdings stellen die Kunden nun gezielt Ansprüche.

Es muss jetzt dieses oder jenes Modell sein.
Insbesondere die hochpreisigen Modelle sind gefragt.

Und wehe, das nachgefragte Modell ist nicht lieferbar.
Dann setzt es eine Beschwerde bei der vom Staat neu geschaffenen Uhren- und Taschenbehörde (UTB), die für alle Belange rund um die Abwicklung des Uhren- und Taschenkaufes zuständig ist. Kommt es zu einer Beschwerde droht die UTB-Behörde den jeweiligen Firmen und Geschäften, falls ein solches Geschehen noch einmal vorkäme, bekämen die Firmen/Geschäfte ihre Lizenz entzogen. Die Kunden müssten dann ihre zu erwerbenden Waren vollständig aus eigener Tasche zahlen, bekämen kein Geld vom Staat.

In Anbetracht der Tatsache, das die Kunden dann zur Konkurrenz gehen, welche ja weiterhin Uhren/Taschen kostenlos anbieten, wäre dies das Todesurteil für diese Geschäfte. Zähneknirschend entschliessen sich daher fast alle Geschäfte, weiterhin den Vorgaben des Staates zu entsprechen. Auch wenn die Vorgaben immer obstruser werden.

So überprüft die UTB Behörde zum Beispiel, ob in allen Geschäften Deutschlands gleich viel Taschen und Uhren verkauft werden. In Tabellen wird den Geschäftsführern mitgeteilt, wieviele Taschen oder Uhren eines bestimmten Modells in ganz Deutschland durchschnittlich verkauft werden. Verkauft das Geschäft deutlich mehr Taschen/Uhren eines bestimmten Modells wird dem Geschäft der Wert der zuviel verkauften Waren abgezogen. Der Geschäftsführer muss bei der UTB-Behörde persönlich vorsprechen. Man erklärt ihm, dass es doch nicht sein könne, dass ausgerechnet in seinem Geschäft besonders viele Taschen oder Uhren eines bestimmten Modells verkauft werden, während in den anderen Geschäften dies nicht der Fall sei. Auch wenn der Geschäftsführer gute Gründe anführt, warum er zum Beispiel in den Monaten Mai bis Juli besonders viele Schulranzen verkauft hat, sein Geschäft nämlich in unmittelbarer Nähe von 3 Schulen gelegen sei, so nützt ihm das am Ende wenig. Der Abzug wird ab einer gewissen Größe (100 Prozent über dem Bundesdurchschnitt) unerbittlich vorgenommen und das Ganze rückwirkend auf 2 Jahre Monat für Monat hochgerechnet, obwohl die Schulranzenverkäufe doch nur in den Sommermonaten in nennenswerter Weise stattfanden. Ein Abzug also auch in den Monaten erfolgt, in denen gar keine Schulranzenverkäufe stattfinden. Und selbstverständlich kann der Ladenbetreiber die verkauften Schulranzen nicht zurückfordern vom Kunden.
Verkauft ist verkauft !

So vergeht die Zeit.
Und Jahr für Jahr mit schöner Regelmäßigkeit zeigt sich, daß der zur Verfügung stehende finanzielle Rahmen nicht ausreicht. Mehr Taschen und mehr Uhren verkauft worden sind, als es das Budget hergegeben hätte. Der Staat muss Jahr für Jahr ein bestimmtes Defizit ausgleichen.

Irgendwann zieht die Politik die Reissleine.
Und beschliesst, das von nun an jeder Bürger zu seiner neuen Tasche oder neuen Uhr einen bestimmten Teil des Preises, den sogenannten Eigenanteil, selbst zahlen muss. Von staatlicher Seite gibt von nun an nur noch ein nicht abänderbares Budget. Alles was darüber hinaus geht, muss von nun an der Kunde selbst zahlen. Und sollte das Geld am Ende des Jahres noch nicht reichen, werden die fehlenden Gelder auf alle Ladenbesitzer umgelegt und der jeweilige Fehlbetrag wird vom Staat eingezogen.

Um den Patienten die Eigenbeteiligung schmackhaft zu machen, nimmt man im Gegenzug weitere Alltagsgegenstände in die Kostenerstattung mit auf. So werden nun Sonnenbrillen, Halstücher, Gürtel und Portemonnaies bezahlt. Das Budget wird diesbezüglich um 100 Millionen erhöht. Das sollte reichen. Hofft man. Dabei ist offensichtlich, dass die Nachfrage den Kostenrahmen deutlich überschreiten wird, wenn alle Patienten, wovon auszugehen ist, auf ihrer kostenlosen Sonnenbrille, dem kostenlosen Schal bestehen.

Die Erhöhung des Budgets ist aber erneut mit Forderungen von Seiten des Staates verbunden. Die Ladenbesitzer werden verpflichtet, eine Garantie von 2 Jahren abzugeben. Sollte die Tasche oder die Uhr in dieser Zeit einen Mangel aufweisen, muss diese von nun an kostenlos vom Geschäft, in der der Kauf stattfand, repariert oder gar umgetauscht werden. Bislang durfte eine Reparatur ab 6 Monaten nach dem Kauf dem Kunden in Rechnung gestellt werden. Von nun an muss der Verkäufer selbst bei mutwilliger Zerstörung die Taschen und Uhren anstandslos und kostenfrei ersetzen.

Weiterhin muss jeder Patient vom Ladenbetreiber persönlich darüber aufgeklärt werden, dass es im Geschäft kostenlose Taschen ohne Zuzahlung gibt.
Wünscht der Patient eine hochwertigere oder eine schönere Tasche, muss der Ladenbetreiber sich dies vom Patient auf mehreren Dokumenten in mehrfacher Kopie schriftlich bestätigen lassen. Mit Unterschrift. Tut er es nicht, darf der Patient die höherwertige Tasche behalten und muss nichts bezahlen. Darauf weisst die UTB die Patienten in Infoblättern und Fernsehberichten immer wieder ausdrücklich hin. Ein Schelm, wer Böses denkt.

Auch die Ladenbetreiber bekommen ein Budget.
Von nun bekommen sie immer nur soviel Geld ausbezahlt, wie sie im Jahr zuvor eingenommen haben. Verkaufen sie im laufenden Jahr mehr Taschen/Uhren als im Jahr zuvor, bekommen sie für die mehr verkauften Waren kein Geld vom Staat.

Die Ladenbesitzer protestieren erneut.
Was ist, wenn ein Fabrikationsfehler sich erst nach Ablauf der 6 Monate Herstellergarantie bemerkbar macht, oder der Kunde die Ware schlecht behandelt ? Für beides kann der Verkäufer nichts, soll aber dafür aus eigener Tasche zahlen ???
Was ist, wenn durch Zuzug von Neubürgern, die alle weder Tasche noch Uhr haben, eine enorme Nachfrage besteht?

Der Gesetzgeber bleibt hart.
Egal aus welchem Grund, die Ware muss immer kostenlos repariert oder gar alt gegen neu umgetauscht werden.
Und der Ladenbetreiber muss jedem Kunden die ihm zustehende Tasche/Uhr zukommen lassen, selbst wenn er weiss, das er wegen des bereits überschrittenen Budgets kein Geld vom Staat dafür bekommt, er also dem Kunden Uhr und Tasche aus dem eigenen Geldbeutel finanziert.

Und noch eine merkwürdige Regelung wird eingeführt.
Sollten zu viele Taschen verkauft worden sein, müssen zukünftig auch die Uhrmachergeschäfte den Fehlbetrag aus eigener Tasche zahlen. Er wird auf alle Uhrmachergeschäfte verteilt.
Sogar auch auf die Uhrmachergeschäfte, in deren Stadt sich gar kein Taschengeschäft befindet. Umgekehrt gilt das natürlich genauso. Es wurden zu viele Uhren verkauft ? Dann gibt es zum Ausgleich Geld von den Taschengeschäften.

Von der Einführung des Eigenanteils profitiert der Staat enorm.
Es sind von nun an ja die Patienten und die Geschäftsleute, welche Kostensteigerungen nun aus eigener Tasche zahlen müssen.

Das führt zu interessanten Phänomenen.
Plötzlich stellt sich heraus, es gibt eine Reihe von Patienten, die nicht bereit sind, für Taschen oder Uhren ihr eigenes Geld auszugeben.
Sie tragen nun erst einmal ihre vorhandenen Taschen auf.

Und wenn sie eine neue Tasche oder Uhr benötigen, dann wählen sie nun ein Modell, dass ohne Zuzahlung erhältlich ist.

Schnell haben die grossen Hersteller sich auf die Situation eingestellt.
Einige lassen im Ausland produzieren, um so mit weniger Kosten und damit mehr Gewinn ihr Produkt zum festgelegten Verkaufspreis veräußern zu können. Diese Taschen oder Uhren entsprechen nicht dem neuestem Stand der Technik und hübsch sind diese auch nicht. Sie werden auch nicht mehr handgefertigt, sondern sind maschinengefertigte Massenprodukte. Rein äusserlich, wenn man nicht allzu genau hinschaut, ähneln sie vielleicht noch den bekannten Qualitätsprodukten aus Deutschland, sind aber meist nur schlechte Kopien.

Aber das ist nun vielen Kunden egal.
Hauptsache, die Tasche ist umsonst. Es spielt auch keine Rolle, wenn die Uhr nach 2 Jahren ihren Dienst einstellt. Dann gibt es eben beim Händler eine kostenlose neue.

Der Staat fördert die großen Hersteller, die im Ausland produzieren.
Die UTB weist sogar alle ihre Kunden darauf hin, Taschen und Uhren dieser Hersteller zu kaufen. Sie sollten den Händler ihres Vertrauens auch gezielt auf solche Produkte ansprechen. Biete der Händler diese Taschen nicht an, solle der Kunde den Händler wechseln, die UTB könne ihm einen anderen Händler nennen, der mit der UTB zusammenarbeite.

Für die kleinen Manufakturen im Inland brechen schwere Zeiten an.
Sie können nicht zu solch günstigen Preisen produzieren wie die großen Hersteller.
Sie arbeiten mit teuren Materialien in Handarbeit und der Lohn für die gut ausgebildeten Mitarbeiter ist ein enormer Kostenfaktor. Überhaupt steigen die Ausgaben von Jahr zu Jahr, ebenso wie die Steuern. Alles ist kompliziert geworden. Weder Taschen noch Uhren dürfen noch frei verkauft werden. Erst müssen diverse Anträge gestellt werden, viele Regeln müssen befolgt, viele Voraussetzungen erfüllt sein. Jeder Laden braucht speziell ausgebildete Mitarbeiter, die nichts anders machen, als nur die Anträge der Kunden auf Uhren und Taschen den Regeln gemäß auszufüllen.
Die Regeln ändern sich dauernd.
Was gestern noch richtig war, ist heute schon falsch.
Macht der antragsstellende Mitarbeiter einen Fehler, gewährt die UTB dem Kunden keinen finanziellen Zuschuss. Die Tasche darf nicht verkauft werden. Hat man es versehentlich doch getan, sie ahnen es, darf der Kunde die Tasche behalten.
Der Taschenverkäufer bekommt kein Geld. 

Dann wäre da noch das immer kompliziertere Regelwerk an Dokumentationen, dass die UTB den Ladenbetreibern auferlegt. Mittlerweile wird ein nicht unbedeutender Teil der Arbeitszeit nicht mehr mit der Produktion von Taschen und Uhren, vielmehr mit der Dokumentation der Produktionsschritte verbracht. So muss genau niedergeschrieben werden, welche Materialien aus welcher Herkunft von welchem Mitarbeiter in welcher Art und Weise verarbeitet werden.

Für jede einzelne Tasche muss dies dokumentiert werden, so dass auch noch nach Jahren dies jederzeit überprüft werden kann.
Dies diene der Qualitätssicherung, sagt die UTB.
20 Jahre lang müssen diese Dokumente aufbewahrt werden. Von Zeit zu Zeit verlangen Mitarbeiter der UTB-Behörde, das Ihnen diese Dokumente zur Prüfung vorgelegt werden. Oder sie kommen unangemeldet im Geschäft vorbei, um sich vor Ort ein Bild vom Status Quo zu machen. Selbst kleinste Kleinigkeiten spielen eine Rolle, auch wenn diese mit der Produktion der Waren gar nichts zu tun haben. Der Gedanke an Willkür kommt auf, wenn man erfährt, das Dinge, die im Laden um die Ecke als positiv gelobt wurden, im eigenen Laden als nicht akzeptabel gebrandmarkt werden und die Behörde mit der Schliessung des Ladens droht, sollte nicht schnellstmöglich Abhilfe geschaffen werden. Dauernd müssen teure Maschinen angeschafft werden, da diese ihre Arbeit computergestützt dokumentieren. Das können die alten Maschinen, die teilweise seit mehreren Jahrzehnten einwandfrei ihre Arbeit verrichten, nicht gewährleisten. Sie müssen daher verschrottet werden, obwohl noch voll funktionsfähig und die damit gefertigten Handtaschen wesentlich präziser und haltbarer gefertigt werden als die Taschen, die mit Hilfe der neuen Maschinen produziert werden.

Dafür sind die neuen Maschinen häufig defekt.
Oder können nicht verwendet werden, weil der eingebaute Computer wieder einmal seinen Dienst eingestellt hat.
Dann muss ein teurer zertifizierter Techniker gerufen werden.
Die alten Maschinen konnte man noch selbst reparieren.
Musste man aber nie.
Die liefen und liefen.

Die neuen Maschinen stehen oft.
Obwohl sie jährlich vom Kundendienst teuer gewartet  und vom TÜV teuer überprüft werden. Man muss zusätzlich Ersatzmaschinen kaufen und vorhalten, damit man in der Zeit, in der die eine Maschine kaputt ist, weiterarbeiten kann. Auch die Ersatzmaschinen müssen natürlich für teures Geld gewartet und TÜV überprüft werden, selbst wenn diese nur selten zum Einsatz kommen.

Die Taschen- und Uhren-Läden werden mit der Zeit immer weniger. 
Dafür gibt es verschiedene Gründe.

Einige Läden gehen pleite.
Die Kosten sind zu hoch, die Einnahmen zu gering. Seit der Einführung des Taschen- und Uhren Gesetzes sind mittlerweile fast 50 Jahre vergangen. Die Welt hat sich verändert, die Preise für alles Mögliche sind enorm gestiegen in der Zeit.  Nur der Verkaufspreis für Taschen und Uhren ist über die Jahre fast gleich geblieben.

Er beträgt nun 55 Euro für Taschen, 110 Euro für Uhren. 
Obwohl heute wesentlich mehr Taschen und Uhren verkauft werden als früher
und Sonnenbrillen.
und Geldbörsen,
verdienen die Ladenbetreiber immer weniger.

Sicher, es gab Proteste seitens der kleinen Ladenbetreiber.
Gestiegene Kosten und so. Benzin kostete zur Einführung des Taschen- und Uhren-Gesetzes 38 Cent, jetzt 1 Euro 90.

Aber es reicht eigentlich immer eine Meldung in der Zeitung oder im Fernsehen, in der porschefahrende Ladenbetreiber erwähnt werden, die unverschämterweise nach mehr Geld rufen, obwohl diese doch so unglaublich reich sind, um den Protest verstummen zu lassen. Dabei fahren die Ladenbetreiber heute Toyota Kombi oder einen 26 Jahre alten VW Passat. Doch das Image aus den 1970er Jahren wirkt immer noch nach.

Kaum einer will daher heute noch einen solchen kleinen Taschen- oder Uhrenladen übernehmen.

Die alten Ladenbesitzer haben viel gearbeitet.
55 – 60 Stunden pro Woche sind die Regel. Nicht die Ausnahme.

Die Jungen wollen das nicht.
Höchstens noch in einem dieser funkelnden LED-beleuchteten Designer-Prestige-Läden in den großen Städten möchten sie  arbeiten. In dem nur die schönsten und teuersten Uhren und Handtaschen verkauft werden.  Auf Provisionsbasis. An 3,5 Tagen die Woche. Bedient werden nur wohlsituierte Kunden, denen der geringe Zuschuss der UTB ohnehin egal ist. Anträge müssen daher gar nicht ausgefüllt werden. Und einfache Kunden verirren sich nicht in diese Nobelstätten. Weil sie wissen, dass sich sich die dort angebotenen hochpreisigen Sachen nicht leisten können. 

Diese Kunden, dies meisten mit wenig Geld, bleiben zurück für die kleinen Läden.
Diese Klientel könnten die Jungen auch gar nicht mehr bedienen. Sie wissen nicht, wie man solide, funktionale Dinge herstellt. Und sie können auch keine Tasche oder Uhr reparieren, weil sie es in ihrer Ausbildung nie gelernt haben. Nur wie man teure Taschen verkauft, die nicht repariert werden können.


An dieser Stelle breche ich ab, geneigter Leser.
Es gäbe noch viele andere Fallstricke und Komplikationen aufzuzählen, aber schon jetzt ist es surreal genug. Trotzdem trifft alles im Gleichnis Aufgezählte auf die Zahnmedizin zu.

Seit der Einführung des Taschen- und Uhren-Gesetzes – ähhh der Einführung der Kassenzahnmedizin – sind mittlerweile mehr als 45 Jahre vergangen. 1977 war das.

Die Preise im medizinischen Bereich sind seitdem festgelegt und spiegeln weder den Markt, noch die Aufwendungen für die Materialien und Herstellung wieder. Orientieren sich nämlich ausschliesslich an einer Summe X, die von Staats wegen zum historischen Zeitpunkt X als Gesamtbudget für die Nation bestimmt wurde. Schon damals war festzustellen, das die Ermittlung dieses Betrages eher aus einer arbiträren Abschätzung im Sinne eines “Müsste hinkommen” als vielmehr, wie man naiverweise guten Glaubens annehmen würde, einer profunden situationsorientierten Analyse entstanden ist.

Führt uns zur entscheidenden Frage: Was tun, als junge Kollegin, als junger Kollege ?

Die Antwort ist einfach und liegt nach dem, was ich über die Denk- und Funktionsweisen innerhalb der Taschen- und Uhren-Gesundheits-Maschinerie berichtet habe, auf der Hand.

Sie lautet, kurz und knapp: Sich gar nicht erst auf das mittlerweile vollkommen marode System einlassen.

Sondern selbstbewusst und voller Vertrauen in das eigene Tun den eigenen Weg gehen. Den eigenen Weg gehen, heisst im Übrigen nicht zwingend, sich ausserhalb des Systems zu stellen. Vielmehr sich vom System nicht vereinnahmen zu lassen. Stattdessen zu sagen: “Bis hierher und nicht weiter !”

Wer dies tut, wird eine Freiheit erleben, die leider den KollegInnen der letzten 30 Jahre, also meiner Generation von Staats wegen vorenthalten wurde.

Wir hatten keine Wahl.
Heute gibt es eine.
Das ist ein großer Fortschritt.

Die Demographie arbeitet für Euch.
Nutzt eure Chancen.
Von Anfang an.

Und natürlich darf dieser Satz an dieser Stelle nicht fehlen: Die Spezialisierung (auf Endodontie) ermöglicht es, aus dem System auszusteigen, beziehungsweise diesem System gar nicht erst beitreten zu müssen.

Ein Gedanke zu „Das System ist kaputt. Zieht die richtigen Schlüsse draus…

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