Horizontale Wurzelfraktur bei Loreen (I)

Heute möchte ich Ihnen die jetzt elfjährige Loreen vorstellen.

Das junge Mädchen erlitt im März 2021 ein Frontzahntrauma an Zahn 11.

Hierbei kam es augenscheinlich zu einer unkomplizierten Kronenfraktur. Der Defekt wurde zeitnah mittels Kompositfüllung versorgt. Eine radiologische Untersuchung des Traumas erfolgte nicht.

Sechs Monate später begann Loreen klinische Symptome in Form von pulsierenden Schmerzen an dem betroffenen Zahn zu entwickeln.

Das alio loco angefertigte Röntgenbild zeigte laut Hauszahnarzt keine sichere Diagnose.

Daraufhin wurde eine abwartende Haltung vereinbart.

Wieder acht Wochen später zeigte sich eine vestibuläre Fistel. Das ebenfalls anfertige Einzelbild zeigte nun eine horizontale Wurzelfraktur mit Osteolyse im Bruchspalt.

Als Aktumaßnahme wurde der Zahn trepaniert und mit einer medikamentösen Einlage versorgt.

Es folgte die Überweisung zur ortsansässigen Kieferchirurgin zur Entfernung des Zahnes.

Diese Kollegin wiederum verwies das Mädchen schliesslich zu uns..

Klinische imponierte eine ausgeprägte vestibuläre Fistel. Es lagen keine erhöhten Sondierungswerte vor. Der Lockerungsgrad betrug Grad I.

Radiologisch stelle sich die Situation im Januar 2022 wie folgt dar…

Zustand nach alio loco begonnener Wurzelkanalbehandlung Zahn 11 bei horizontaler Wurzelfraktur
DVT der Situation

welche Optionen sehen Sie neben der Extraktion des Zahnes?

7 Gedanken zu „Horizontale Wurzelfraktur bei Loreen (I)

  1. Erst einmal verdammt traurig, daß es soweit gekommen ist durch Fehltherapie.
    Eine reine Behandlung des koronalen Anteils wird wahrscheinlich nicht ausreichen, da auch der apikale Anteil eine Pathologie aufweist.
    Ich würde trotzdem den Erhalt anstreben und den apikalen Anteil mit desinfizieren und falls möglich mit Jodoform füllen und den oberen Anteil mit MTA oder Biodentin und danach schienen.

      • Die Schienung würde ich nach der Endo wegen des Lockerungsgrades empfehlen.
        Wahrscheinlich, da entzündungsbedingt, würde es auch ohne gehen.
        Ich würde es wegen der Fraktur empfehlen, bin mir aber nicht ganz sicher, ob es die bessere Therapie ist.

        LG, Markus

        • Ich nehme an, dass die Lockerung zu einem Großteil vom entzündlichen Geschehen verursacht wird. Zur endodontischen Behandlung kann es vorteilhaft sein, wenn die Lockerung 2 oder gar mehr beträgt. Der Zahn muss jedoch nach der wie auch immer gearteten endodontischen therapie auch durchs Leben kommen, denke ich.

  2. Meine erste Option: Behandlung beider Fragmente. Obturation apikal , wenn möglich,MTA, koronal Biodentine.
    Meine Zweite Option: wie 1 nur, falls apikal keine Erfolg eintritt, Entfernung des apikalen Anteils.

  3. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Fehldiagnose im September 2021 auch etwas mit der horizontalen Linie auf der Aufbissaufnahme zu tun haben könnte. Nun, sei es drum. Ich würde beide Fragmente in einer Sitzung orthograd behandeln, denn die Inflammation hat ihren Maximalpunkt auf Bruchspalthöhe, das heißt, Bakterien gelangen aus dem apikalen Fragment nach koronal in den Bruchspalt und aus dem koronalen Fragment nach apikal in den Bruchspalt. Also überall Bakterien. Also Desinfektion apikales Fragment, automatisch wird dabei das koronale Fragment mit desinfiziert, sollte zum Verschwinden der Fistel führen. Ich würde allerdings apikal mit MTA verfüllen und in einer zweiten Sitzung nach Kalziumhydroxideinlage das koronale Fragment mit MTA Plug (und ggf GP) mit adhäsivem Verschluss verfüllen. Erstens, weil das mein erster Fall in der Art wäre und zweitens, weil das Abheilen der Fistel mir in der zweiten Sitzung die Sicherheit gibt, dass es funktioniert :). Wenn nicht, hab ich was falsch gemacht und muss nochmal dran. Ich würde auch direkt in der ersten Sitzung eine Schienung vornehmen, damit nicht meine KD-Klammer und der Zug des KD irgendwie noch eine iatrogene Lockerung des koronalen Fragmentes verursacht. Drittens, weil ich mit der Röntgen-Nicht-Opazität von Biodentin in der Vergangenheit nicht so glücklich war und es seitdem nicht mehr einsetze, mach ich es mit MTA. Viertens, Zeitfaktor: Elfjähriges Mädchen. Wenn es erstmal unbequem auf dem Behandlungsstuhl wird, ist ruhiges Arbeiten unter dem Opmi ja nicht mehr wirklich ruhig. Das würde ich mir nicht verspielen wollen. Schienung würde ich dann nach der Füllung des koronalen Anteils abnhemen. Danach sollte die Verknöcherung des Bruchspaltes von selbst für eine weitere Verfestigung erfolgen, was in den nachfolgenden Kontrollsitzungen festgestellt werden kann.

    • Das Trauma der Kofferdamklamerapplikation lässt sich vermeiden, wenn die Klammer fern des zu behandelnden Zahnes platziert wird. Keine Einzelzahnisolierung. Es können auch Wedge-Jets genutzt werden. weiterer Vorteil: keine Butterfly-Klammer, die unter Umständen Areale verdeckt, die von diagnostischem Interesse sind.

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