Ich weiss nicht, was man dazu sagen soll…

Ich bin ein wenig gefrustet so kurz vor Weihnachten.
Und das hat ausnahmesweise nix mit Corona zu tun.

Sondern mit der Tatsache, das ich in den letzten 2 Wochen 3 Patienten zur Weiterbehandlung vorgefunden habe, bei denen die Qualität der vorausgegangenen Behandlung, ich sag mal, als stark verbesserungsfähig einzustufen ist.

Okay, das ist eigentlich mein Tagwerk und ketzerisch könnte man anführen, davon lebe ich.

Aber – was mich so frustriert ist die Tatsache, dass alle 3 Behandler junge Kollegen sind.
Die es besser wissen und können müssten, von der Motivation es bestmöglich zu tun in der frühen Phase ihre beruflichen Tätigkeit mal ganz abgesehen.

Ein Beispiel habe ich angeführt, und glauben sie mir, die beiden anderen Beispiele sind NICHT besser. NICHT besser. Ach ja, aber die Aussendarstellung funktioniert bestens, wie ein Studium der Homepage offenlegt. Und JAMEDA ist voll des Lobes. Note 1,0.

Sehe ich die Sache vielleicht zu eng, zu frustiert, zu verbittert ?

Zur Krankengeschichte: Die Patientin, Anfang zwanzig, sucht wegen Zahnschmerzen (linke Gesichtshälfte, Seitenzahnbereich) den Hauszahnarzt auf. Es wird der Zahn 37 wurzelkanalbehandelt. Die Schmerzen bleiben. Danach wird der Zahn 36 wurzelkanalbehandelt. Die Schmerzen bleiben. So wird nun der Zahn 27 endodontisch versorgt. Die Schmerzen werden danach so stark, das die Patientin den Notdienst aufsuchen muss. Die Kollegin dort schlägt die Hände über dem Kopf zusammen, angesichts des Status Quo.

Nun kommt die Patientin zu uns.
Und ein jeder möge selbst sich ein Bild machen von der Situation.

Ich habe einfach mal die Zahnfilme Zahn 37 36 27 (Zustand nach WF) und die klinischen Fotos nach der Eröffnung des Zahnes 27 angehängt.

10 Gedanken zu „Ich weiss nicht, was man dazu sagen soll…

  1. ” Aber – was mich so frustriert ist die Tatsache, dass alle 3 Behandler junge Kollegen sind.
    Die es besser wissen und können müssten, von der Motivation es bestmöglich zu tun in der frühen Phase ihre beruflichen Tätigkeit mal ganz abgesehen.”

    Die haben einfach kapiert das Kassenendo nicht wirtschaftlich ist, eine Praxis damit nicht überleben kann und es einfachere Wege gibt einen gesunden Umsatz zu erzielen. Sieht es toll aus und ist es richtig so zu arbeiten? Beides nicht, auf keinen Fall, da schäme ich mich schon für deutlich weniger. Hatten wir aber nicht selbst nicht schonmal Fälle die Schiete aussahen? Ja, aber sowas wie hier konnte bis jetzt verhindert werden, mit viel zuviel Stolz und Aufopferung. Bei dem Fall hier steht jetzt ein umfangreicher Rettungsversuch an, drei Molaren. Wie wird der Patient reagieren über geschätzte 4500€ Kosten die jetzt anstehen, alleine für die Endos?

    Gruß Gregor

  2. Das einzig positive: er hat sich mit seinen Instrumenten nicht weit runter gewagt. Sonst wären 36 und 37 wahrscheinlich mit diversen Fragmenten gefüllt.
    So sind sie noch zu retten. Auch wenn es in meinen Augen apikal ganz schön schwierig wird.

  3. Leider Alltag in deutschen Praxen. Mal abgesehen davon: Ich finde alle drei Zähne selbst auf dem zweidimensionalen Rö-Bild schon schwierig. Wohlgemerkt mit allen Hilfsmitteln, die ich zur Verfügung habe. Evtl. hätte man der Dame viel Leid erspart, wenn man als Erstbehandler gleich überwiesen hätte(?)
    P.s.: Wahrscheinlich war nur ein einzelner Zahn verantwortlich für den ursprünglichen Schmerz und das wilde Trepanieren nur Ausdruck von Verzweiflung…?
    Grüße und bis morgen bei Plus!

  4. Ganz ehrlich HaWi,
    das weiß ich auch nicht.
    Suchst du denn das Gespräch mit dem Vorbehandler und meinst du das bringt nichts?
    Mich erschreckt eher die fatale Diagnostik und die Tatsache, daß zwei gesunde Zähne endodontisch anbehandelt wurden, die scheinbar unschuldig waren.
    Und dann auch noch eine so anspruchsvolle Anatomie aufweisen.

  5. Das ist sicher eine extreme Situation, aber leider scheint sich der Stand der endodontischen Kenntnisse in den letzten 20 Jahren nur bei wenigen verbessert zu haben.

    Der Rest ist ein “Sich-in-die-Tasche-lügen” und ein charakterliches Problem. Nicht unbedingt ein Problem des Lebensalters.

  6. Dafür haben die Kollegen vielleicht ein hervorragendes Datenschutzprogramm, eine gepflegte 100Fall Statistik, neueste IT-Konnektoren und eine ausgewogene Work-Live-Balance.

  7. WiSo?
    Der Kollege hat doch aus seiner Sicht eine perfekte Implantatvorbereitung gemacht, die ihm Ha-Wi mit hoher Wahrscheinlichkeit totz schwieriger Anatomie doch noch verhageln wird/ könnte, wenn der Patient zahlungskräftig genug wäre.
    .
    Aber im Ernst:
    Nicht tödlich aber übelste Diagnostik, Hybris, massive Körperverletzung UND SUBTIL ABER IM HÖCHSTEN MASSE UNKOLLEGIAL ! ! ! !
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    Besonders frustriert MICH, dass ich in solchen Fällen ungewollt und nahezu machtlos zum Mittäter gemacht werde. – Etwder verstoße ich gegen eine meiner Ansicht nach zu weit gefasste Kollegialität, die mich kriminallisiert oder ich verstoße bewusst gegen die Interessen des sich vertrauensvoll an mich wendenden Patienten (und ggf. gegen den Überweiser aus dem Notdienst) und kriminallisiere mich selber.
    .
    Wenn der Patient im Corona-Jahr beruflich “einnahmenfrei” die Zähne ziehen lassen müsste: Würdet Ihr den Patienten weiter ins offene Messer laufen lassen und die Zähne ziehen – oder alio loco ziehen lassen – und euch mindestens indirekt mitschuldig machen?
    — seihe auch mein Leserbrief im ZM 22, S. 10 zur ethischen Falldiskussion ZM 20, S. 46-50 —
    Oder doch anregen, dass der Kollege die Folgekosten trägt? – Auch wenn die Berufs-Haftpflicht IHN-SIE-ES wegen wiederholter NICHT-“lege artis”-Behandlung an drei Zähnen fallen lassen könnte?
    Und wenn der Patient zahlen kann/ die Zähne erhalten werden – wäre es nicht gleichfalls angemessen, den JUNGEN Kollegen zahlen zu lassen? — Wehret den Anfängen – Wehret den Betrugs-ANFÄNGERN – ggf. kann man sie noch auf den rechten Weg (zurück?)bringen!
    .
    WIE ALSO MIT DEM VORBEHANDLER UMGEHEN?
    Ich weiss nicht, ob DIESE Kollegen mit einem ehrlichen kollegialen Gespräch zu gewinnen sind – und dabei meine ich nicht ein “kollegiales Gespräch” bei der KZV. – Kollegial wäe, ihnen diese Chance zu geben und besonders kollegial wäre, wenn sie auch inhaltlich angenommen würden. Ggf. gewinnt Ha-Wi Überweiser – ggf. nicht nur für anatomisch komplizierte Erstbehandlungen wie hier – schließlich hat der Vorbehandler schon im einfachen Bereich der Zähne defizitär gearbeitet.
    ABER NEBENBEI:
    Wäre die KZV bei fruchtlosem obigen Vorgehen ernsthaft bereit, OBJEKTIV die Praxiskartei auf weitere Auffälligkeiten zu prüfen (mindestens auf Rö-sichtbare WF´s bis apical)?
    UND – Henne/ Ei-Prinzip:
    Waren die KZVen oder die Zahnärztekammern in den letzten 30 Jahren überhaupt bereit, die Unterfinanzierung insbesondere der konservierenden “lege artis” Behandlungen nicht nur zu benennen sondern ersthaft und erfolgreich zu bekämpfen?
    .
    Ich arbeitete schon bei genug Wirtschafts-ASSen, aus deren Händen die Molarenendos zu 95 % reseziert oder gezogen werden – seit bald 25 Jahren unbehelligt! – ODER die Anästhesie-Einmalkarpullen-Mehrfachverwender, die BEMA-Leistungsnachträger, die GOZ-Leistunslöscher.
    Daher bin ich sehr dankbar, in meinen ersten zwei Jahren schließlich bei einem bescheidenen, sehr gut arbeitenden Kollegen Dr. Harald Köhler gelernt zu haben. Er sagte: arbeite gut, schneller wirst du mit der Zeit. – 1993 hatte unser Honorar aber noch eine ganz andere Kaufkraft.
    .
    Im vorliegenden Fall ist der Patient vielfach der Leidtragende: BISHER Schmerzen, Kosten (für Krankenkasse), verlorene Zeit, verlorene Vitalität an zwei bis drei Molaren, ZEITNAH: fällige drei Endorevisionskosten, unnötige Kontamination mit anatomiebedingt deutlich schlechterer Prognose, ggf. ausstehende Endo des immer noch nicht behandelten ursächlichen Zahnes, psychisches Trauma, Eindruck von “den Zahnärzten”, KÜNFTIG Folgekosten ein Leben lang.
    .
    Ob manche Chirurgen unter Quotendruck der Krankenhäuser heutzutage am OP-Tisch auch so arbeiten?
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    Nur so als Anregung –
    Das “seriöse” sogenannte PATIENTERECHTEGESETZ: § 630, BGB sagt nichts direkt gegen Kollegialität, verpflichtet aber bei Verdacht auf Behandlungsfehler die Patienten zu informieren und weitere (auch wirtschaftliche) Schäden zu vermeiden!
    .
    BGB, § 630a Vertragstypische Pflichten beim Behandlungsvertrag

    (2) Die Behandlung hat nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist.
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    BGB, § 630c Mitwirkung der Vertragsparteien; Informationspflichten

    (2) Der Behandelnde ist verpflichtet, dem Patienten in verständlicher Weise zu Beginn der Behandlung und, soweit erforderlich, in deren Verlauf SÄMTLICHE für die Behandlung wesentlichen Umstände zu erläutern, insbesondere die Diagnose, die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung, die Therapie und die zu und nach der Therapie zu ergreifenden Maßnahmen. Sind für den Behandelnden Umstände erkennbar, die die ANNAHME EINES BEHANDLUNGSFEHLERS begründen, hat er den Patienten über diese AUF NACHFRAGE ODER ZUR ABWENDUNG GESUNDHEITLICHER GEFAHREN zu informieren. Ist dem Behandelnden oder einem seiner in § 52 Absatz 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen ein Behandlungsfehler unterlaufen, darf die Information nach Satz 2 zu Beweiszwecken in einem gegen den Behandelnden oder gegen seinen Angehörigen geführten Straf- oder Bußgeldverfahren nur mit Zustimmung des Behandelnden verwendet werden.
    (3) Weiß der Behandelnde, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten DURCH EINEN DRITTEN nicht gesichert ist oder ergeben sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren. Weitergehende Formanforderungen aus anderen Vorschriften bleiben unberührt.

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    WER KÖNTEN DIESE “DRITTE” SEIN?:
    – Krankenkasse
    – Zusatz-/ Private Versicherung
    – Unfallversicherung
    – Beihilfe, …
    – SCHADENSERSATZPFLICHTIGER VORBEHANDLER ????

  8. Puh!
    Ich nenne das Vorsatz!
    Wurde die Patientin über die Möglichkeit der Durchführung bei einem Endodontologen aufgeklärt? Wenn nicht – reicht das meines Erachtens aus um mögliche Folgekosten juristisch durchsetzen zu können. Und das sollte die Patientin dann auch tun.
    Beste Grüße
    AR

  9. Wow, ich bin sprachlos und weiß ehrlich gesagt bei deinem „Beispielfall“ gar nicht wo ich anfangen soll mir meine Gedanken zu machen.
    Angenommen die Patientin hätte nicht die Vorgeschichte, die sie hat. Die Behandlung sei an allen Zähnen korrekt diagnostiziert und indiziert gewesen und es stünde nicht der unübersehbare Elefant im Raum. In diesem Fall, könnte man sich schon fast freuen, dass zumindest die anspruchsvolle Anatomie der Zähne nicht noch weiter zerstört wurde. An diesen Zähnen wohl eine eigentlich recht gute Ausgangssituation. Man mag sich gar nicht ausmalen, wie dieser Fall aussähe, wenn hier in gleicher Weise weiter gemacht worden wäre: 27 distobukkale Perforation und an allen drei Zähnen Stufen, Instrumentenfragmente, Strip-Perforationen o.ä.. Und damit schiebt man natürlich einige Aspekte dieses Falles mit aller Kraft zur Seite.

    Ich denke es kommt hier letztlich auch ganz drauf an, wie du mit der Situation umgehen willst.
    Geht es dir nur um die Patientin und dich oder möchtest du auch beim Vorbehandler eine Veränderung erreichen? Die Tatsache, wie sehr dich das ganze beschäftigt lässt mich zu letzterem tendieren.

    Dass die Patientin hier anlässlich der Situation mit ihrem Vorbehandler spricht und da gibt es wohl einiges zu besprechen, steht glaube ich ausser Frage. Fraglich bleibt höchstens wer das Gespräch aufnimmt: Patientin, Anwalt oder Vorbehandler.

    Auf der anderen Seite könnte man sich ja auch mal eine kleine Utopie ausmalen:
    Diagnostik und Indikationsstellung vorausgesetzt und korrekt durchgeführt, wäre hier wohl die Trepanation und Ausräumung der Kronenpulpa und medikamentöse Einlage mit schmerzstillendem Mittel eine umsetzbare Schmerzbehandlung gewesen. Die Patientin über die Möglichkeit einer Wurzelbehandlung durch dich aufgeklärt und die groben Kosten erwähnt, wäre die Patientin im Anschluss in deine Praxis gekommen und in ihrem Sinne behandelt worden.
    Pluspunkt für Vorbehandler und Patientin und im Anschluss ohne weitere Kopfschmerzen – voraussichtlich. Umsetzbar für alle weiteren Wurzelbehandlungen. Sollte die Patientin an dieser Weiterbehandlung kein Interesse haben, bleiben immer noch weitere Optionen, nicht lege Artis Behandlung und anschließende Folgekosten für Patientin und ggf. wie in diesem Fall auch für den Vorbehandler inbegriffen. Eine Entscheidung die wohl jeder für sich und im Sinne seiner Patienten treffen muss und die wohl hier für keinen in Frage kommt. Das wäre wohl die am schnellsten gangbare Option für die nahe Zukunft, neben allen anderen, wie zum Beispiel eigenen Ehrgeiz und den Anspruch an eine lege Artis Behandlung zu wecken und mit Fleiß und Fortbildung umzusetzen.
    Wäre es für dich eine Option, das Gespräch mit dem Kollegen zu suchen, ihm nahe zu legen von sich aus auf die Patientin zuzugehen und das Gespräch zu suchen, ihm vielleicht sogar diesen Artikeln, samt Kommentaren (Einverständnis aller Beteiligten vorausgesetzt) beizulegen und ihn zum Nachdenken anzuhalten? Das hier keine Einsicht über das Ausmaß der Problematik des Falles besteht, kann und will ich mir einfach nicht vorstellen und evtl. kommt man so zumindest für die Zukunft zu einer besseren Situation für Patienten, den Kollegen selbst und darüber hinaus vielleicht sogar zu einem kollegialen Miteinander von dem alle profitieren.
    Das das Gespräch mit der Patientin offen und ehrlich laufen müsste und das volle Ausmaß des Falles beinhaltet versteht sich wohl von selbst. In wieweit diese Option für dich und die anderen Parteien gangbar wäre, kann ich natürlich nicht beurteilen.
    Ich bin gespannt wie es weiter geht und wäre an deiner Meinung und deinem weiteren Vorgehen sehr interessiert.

    Ich freue mich auf Plus heute Abend und diesmal hoffentlich auch mit Mikrofon und Kamera meinerseits;)

    LG Daniel

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