Apikaler Fischzug

von Jörg Schröder

Periapikal gelegenes Fremdmaterial zu entfernen, gehört für mich zu den immer wieder spannenden endodontischen Tätigkeiten.

Denn nicht in jedem Fall ist das Fremdmaterial vollumfänglich einsehbar oder direkt unter dem apikalen Foramen gelegen. Dann hilft das DVT eine Vorstellung von der Lage  der Fremdmaterialien im Raum zu erhalten.

Für die Entfernung kommen verschiedene Instrumente in Frage:

Microopener: hier sollte das Fremdmaterial gut sichtbar und der Kanalquerschnitt deutlich weiter als das zu entfernende Material sein, da sich mit dem Microopener das Fremdmaterial eher “rollend” als “ziehend” entfernen lässt.

Microdebrider: dieser eignet sich, insbesondere exakt vorgebogen, zum Hinterfahren des Fremdmaterials und nachfolgendem Herausziehen. Allerdings weist er eine für mich etwas zu starke Flexibilität auf, sodass die zum Einsatz gebrachten Kräfte manchmal nicht genügen.

Hedströmfeile 31 mm, Griff entfernt, in der Arterienklemme: nach Entfernen des Plastikgriffes per Seitenschneider – Cave! nicht das im Griff enthaltene Metallstück abknipsen sondern nur den Plastikgriff! -erhält man eine extralange Hedströmfeile. Diese ist wie ein Debrider einzusetzen und in den Durchmessern 15-30 deutlich weniger flexibel als der Microdebrider. Ansonsten wird auch bei dieser Technik das Material Hinterfahren.

Guttaperchaentferner (nach Terauchi) /früher von Hartzell& Sons: mit dem am Ende dieses Instrumentes befindlichem kleinen und im Original (Hartzell & Sons) sehr scharfen kleinen Haken wird insbesondere Guttapercha hinterfahren und per Zug entfernt. Die neuerdings erhältlichen mattschwarzen Instrumente (Kohler Medizintechnik) haben nicht die gleiche Wirkung, da die Haken weniger lang und weniger scharf gearbeitet sind. In meinen Augen sehr traurig, da Hartzell & Sons aufgekauft wurden und laut Herrn Hartzell als erstes der Mitarbeiter entlassen wurde, der bis dahin einzig und allein diese Haken hergestellt hatte. Typischer Fall von Verschlimmbesserung.

Warum sollte man überhaupt den Aufwand treiben und periapikal befindliche Materialien entfernen? Betrachtet man die entfernten Materialien, so erkennt man sehr häufig darauf bakteriellen Biofilm, die letztlich ein Ausheilen der periapiaklen Pathologie verhindern.

Kontaminierte Guttapercha

So auch in nachfolgendem Fall. Nachdem bei der Erstbehandlung bereits Guttapercha extrudiert worden war, ist es beim alio loco durchgeführten Revisionsversuch zu einer weiteren Verlagerung der Füllmaterialien gekommen.

Wichtig ist zunächst,dass die Zugangskavität ein Visualisieren des Foarmenbereiches ermöglicht. Oftmals genügen kleine Korrekturen um sogar das gesamte Foramen einzusehen. Dann sollte anhand des DVT die Strecke bis zum oralen ermittelt werden, um dann mittels US oder Eddy bis auf 1mm an das Foramen heran die Spüllösung bewegen zu können. Dabei werden Gewebereste und im Kanal befindliche Sealeranteile entfernt und ein Visualisieren des Formens möglich. Nach vorsichtigem Trocknen mittels Papierspitzen (tupfend!!!) kann nun über das weitere Vorgehen entschieden werden.

In vorliegendem Fall war die Guttapercha beim Verbringen nach apikal gefaltet worden, sodass sie größer als das Foramen war. Die kleine Fuge zwischen Kanalwand und Guttapercha wurde genutzt um das Foramen nach palatinal hin mittels Endosonorefeile zu erweitern. Dann kamen die Hartzell & Sons-Instrumente zum Einsatz, über die wir zum Glück noch verfügen. Nach einigen Versuchen (Debris, wenn auch noch so klein, ist immer zeitnah herauszuspülen!) konnte das deutlich kontaminierte Material nach koronal entfernt werden.

Leider zeigte sich im Kontrollbild immer noch röntgenopakes Material, welches aber nicht mehr sichtbar war. Nach medikamentöser war der Zahn zu Beginn der zweiten Behandlungssitzung vollkommen beschwerdefrei.

Geplant war P mit kollagenem Widerlager und MTA und MB/DB in warmer vertikaler Kompaktion zu füllen. Um ein versehentliches Verbringen von MTA-Anteilen in MB und DB zu verhindern, wurden diese zunächst gefüllt.

Bei der finalen Inspektion von P fiel mir ein gelblicher Schimmer am bukkalen Rand des Foramens auf. Der nach bukkal vorgebogene Microopener brachte dann noch ein Stück kontaminierten Sealer zu Tage, welches dann mit der oben beschriebenen “Rollmethode” (Microopener hinunterfährt das Stück und mit nach oben streichenden Bewegungen wird das Stück zunächst in den Kanal gedreht und nachfolgend an der Kanalwand nach oben gerollt) entfernt werden konnte.

Nach Einbringen des kollagenen Widerlagers konnte P dann mit MTA gefüllt werden.

Wissen um die Lage des Fremdmaterials, ein wenig räumliches Vorstellungsvermögen, eine ruhige Hand und ein größeres Stück Beharrlichkeit. Mehr ist in den meisten Fällen nicht erforderlich.

 

7 Gedanken zu „Apikaler Fischzug

  1. Schöner Fall!
    Was hältst Du von den MC-Feilen von VDW? Gibt es in verschiedenen ISO-Größen und auch als Hedströmfeilen, wenn man die nach der Arnold-Methode umbiegt, werden sie auch ziemlich lang und sind nicht (über-)flexibel wie die Debrider. Biegst Du von Hand vor (finde ich schwierig, wenn das abgeknickte Ende kurz sein soll) oder mit dem Endo-Bender?

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