Kampf dem Virus! – Was macht ihr mit euren Türklinken…

Vielleicht ein (zu) ironischer Kommentar an dieser Stelle… aber… was macht Ihr mit euren Türklinken, Fahrstuhl-Knöpfen, Wasserhähnen und Toiletten-Betätigungsplatten? Außerdem… das größte Ansteckungsrisiko hat das behandelnde Team, das in der Aerosolwolke sitzt

Lieber Tomas,

wer erst mal mit offenen Augen durch die Welt geht, der weiss, die (Ansteckungs) Gefahr  lauert überall. Was per se nicht schlimm ist, denn unsere beste Waffe im Kampf gegen Keime lautet „Immunsystem“. Der Mensch wäre längst ausgestorben, wenn er es nicht über viele Hunderttausende von Jahren geschafft hätte, entweder den unsichtbaren Feind zu killen, mit ihm in friedlicher Koexistenz oder gar in Symbiose zu leben.

So weit, so gut.

Trotzdem kann es nicht schaden, Grundregeln der Hygiene zu beachten und umzusetzen. Denn wie wir alle schon erfahren haben, gibt es Momente, in denen unser ureigener Organismus den Kampf gegen die Keime nicht gewinnt. Wir werden krank.

Leider hat der Mensch des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts vergessen, dass wir in Zeiten leben, in denen eine uns heute scheinbar banal erscheinende Erkrankung schlimme Auswirkungen (bis hin zur Todesfolge) hatte. Dabei ist das noch gar nicht so lange her. Die ersten Antibiotika sind keine 100 Jahre alt und noch in meiner Kindheit (ich bin  1963 geboren) waren heutzutage belächelte Krankheiten wie Keuchhusten zum Teil lebensbedrohliche Ereignisse. Und Kinderlähmung bundesdeutsche Realität.

Unser gesundheitliches Glück ist also, man sollte es nie ganz verdrängen, ein zerbrechliches. Und dies gilt es in Zeiten von Antibiotika – Resistenzen besonders zu berücksichtigen.

Die größte Gefahr droht jedoch von „neuen“ Krankheiten.
Krankheiten, die wie Ebola, HIV, SARS und eben jetzt Covid -19 die Artengrenze überspringen. Und damit einen Organismus befallen, der, im Gegensatz zu seinem Wirt (Fledermaus, Affe, Schleichkatze oder was auch immer) noch nie Kontakt zu ihm hatte. Auch das gab es früher schon. Da hat die Natur das Problem aber von selbst gelöst. Die Befallenen starben, ohne dass sie (mangels Mobilität) den Erreger weitergeben konnten.

Heute ist die ganze Welt ein Dorf.

Der Fluch der Globalität ist also nicht nur die Bedrohung vieler unserer Arbeitsplätze, sondern möglicherweise unser aller Leben. So gesehen bekommt die Floskel von der „Gelben Gefahr“ eine ganz andere Bedeutung.

Solche Horror-Szenarien haben es bis nach Hollywood geschafft. Ob Outbreak oder World War Z. Im Kino eine spannende Fiktion, die jedoch wie immer einen wahren Kern beinhaltet. Wir gruseln uns und lachen darüber, wenn der Film zu Ende ist.

Im wahren Leben verlassen wir das Kino unseres Daseins im Holzpyjama, um eine Metapher aus deiner Heimat zu verwenden.

Wie also bestmöglich  schützen?

Die Antwort ist simpel, die Umsetzung jedoch schwierig.
Jede Person, jede Oberfläche ist als potentiell infektiös anzusehen.

Bedeutet.

Menschen meiden.
Abstand halten.
So wenig wie möglich anfassen.
Nix mit den Händen anfassen.
Wenn mit den Händen anfassen, nur mit Handschuhen.

Um auf deine Fragen zurückzukommen.

Händeschütteln ? Mache ich schon seit 30 Jahren nicht. Und ja, ich werde blöd angeschaut, insbesondere in Arztpraxen und Krankenhäusern, wo man eigentlich auf sehr viel Verständnis stossen sollte, erntete ich oft entsetzte Blicke. „Was ist denn das für ein PSYCHO !!!“ DAS allerdings wird sich jetzt, zumindest temporär, ändern.

Fahrstuhlknöpfe ? Ellenbogen! Oder der Schlüssel aus dem Schlüsselbund.

Genau wie das IPad des Amazon- Lieferanten ? Unterschrift mit Schlüssel ! Interessanterweise registrieren die Fahrer sofort und anerkennend, daß es jemand anders macht.

Tastenpad des Geldautomaten? Genauso. Schlüssel. Ihr versteht das Prinzip. Oder, wenn nicht zur Hand. Alles nur mit dem kleinen Finger der linken Hand. Den hab ich nämlich nie im Gesicht, um mich zu kratzen, wenn´s juckt.

Türgriffe ?
In der Praxis zu den Behandlungszimmern haben wir Schwingtüren. Die stosse ich schon immer mit den Ellenbogen auf. Als Erstmassnahme haben wir über die normalen Türgriffe Fingerlinge drübergezogen. Das dient aber nur als Gedankenstütze. Nur dort darf man den Griff angreifen. Mit Handschuhen. Merksatz: Gummi auf Gummi! Wohlgemerkt, bei all dem geht es um den Gesundheitsschutz meiner Mitarbeiter und mir. Es geht nicht um den Patienten hier, der ist für sich selbst verantwortlich.

Wer den Türgriff ohne Handschuh anfasst Merksatz: „IST DAS EKLIG !!!!“ muss danach seine Hände desinfizieren.

Das Problem bei der Händedesinfektion ist, dass die Hände auf diese Maßnahmen sehr empfindlich reagieren. Deshalb hat jeder Mitarbeiter von mir eine eigene Dose mit Handcreme bekommen, die sich bei mir persönlich in den letzten Jahren als extrem hilfreich erwiesen hat.  Generell ein Grund mehr, die Handschuhe permanent zu tragen. Und – im zweifelsfalle kontaminiert jeder nur seine eigene Cremedose.

Wasserhähne ? Im Behandlungszimmer kein Problem, aber auf den Toiletten ?
Alles eine Frage des Handlings.  Tür öffnen mit dem Ellenbogen. Papiertuch für das Abschliessen der Toilette und die Toilettenabdeckung.  Ellenbogen für das Toilettenwasser. Papiertuch für den Wasserhahn. Seifenspender sind berührungsfrei. Papiertuch für Aufschliessen der Toilette, Aufmachen der Toilettentür, Verschliessen der Toilettentür. 

Jetzt der Spraynebel bei der Behandlung.

Zum einen. Schutzbrille für die Augen. Und eins weiss ich jetzt schon. Ich werde auch nach COVID – 19  nicht mehr darauf verzichten. Wir verwenden seit langem Fahrradbrillen von Decathlon, die sind preisgünstig und schliessen gut ab. Ich habe die Brillen für jeden Mitarbeiter farblich kodiert, jeder hat so seine eigene Brille. Die Brillen bleiben den ganzen (Behandlungs)Tag auf. Anfangs ungewohnt, aber wie schon geschrieben, ich möchte die Brille schon jetzt nicht mehr missen. Schalter (zum Auslösen der Röntgengeräte) haben wir abgeklebt, Röntgengeräte haben wir eingetütet. Schon seit mehr etwa 8 Jahren machen wir das so. Und was mich besonders freut. 50 gute Gründe sich auf Endodontie zu spezialisieren – Der Kofferdam. Ich bin jetzt dazu übergegangen, nach der Anästhesie, die gesamte Behandlung von A – Z unter Kofferdam durchzuführen. Kein Kontakt mehr mit potentiell infektiöser Schleimhaut bis zur Okklusionskontrolle nach Verschluss der Zugangskavität. Bislang haben wir  den Kofferdam früher schon wieder abgemacht und zum Beispiel die Füllung zum Verschluss der Zugangskavität nicht unter Kofferdam ausgearbeitet.

Und ich bin froh, dass ich unsere Morita Soaric-Behandlungseinheiten mit dem freiprogrammierbaren Fusspedal steuern kann. Kein Touchpad, das angegriffen werden muss.

Und dadurch, dass wir die genannten Dinge schon teilweise seit vielen Jahren so machen, sind diese Handlungsweisen in Fleisch und Blut übergegangen. Wie müssen also nicht ad hoc uns neue ungewohnte Verhaltensweisen antrainieren, was, wie wir alle wissen, aus der liebgewonnenen Gewohnheit heraus, konsequent nicht immer funktioniert.

Noch eine Anmerkung zur Coronavirus – Diskussion an sich.
Ich sehe das Ganze ähnlich einer politischen Auseinandersetzung oder Glaubensfrage. Man wird den Gegenüber nicht vom eigenen Standpunkt überzeugen können, sofern die Auffassungen zu sehr differieren. Ein Deutschnationaler wird nicht „Die Linke“ wählen und das gilt natürlich vice versa.

Soll heißen.
Wer meint, der Corona-Virus ist nicht anderes als ein leichter Schnupfen wird über diejenigen, die im Covid-19 die mögliche gottesgesandte Geißel zur Ausrottung der Menschheit sehen, nur verständnislos den Kopf schütteln.

Ich habe bei unseren „Weck, Worscht, Woi“ – Seminaren unsere Vorgehensweise bei intraoralen Röntgenaufnahmen vorgestellt. Wir desinfizieren den Zeigefinger des Patienten vor der Aufnahme und nach der Aufnahme. Und die Reaktion einzelner Teilnehmer eingefangen. Der Blick in Gesichter spricht Bände. „Jetzt ist er vollkommen abgedreht!“ Trotzdem bin ich jetzt froh drüber, dass wir das so machen. Denn machen wir uns nichts vor. Es ist unmöglich, ein zahnärztliches Behandlungszimmer keimfrei zu kriegen im Sinne einer adäquaten Wiederaufbereitung. Der bessere Weg daher – die Kontamination von vorne herein zu vermeiden.

Unter diesem Aspekt bitte noch die nachfolgenden Tipps zur Kontaminationsprophylaxe sehen. Also im Sinne eines „Kann man machen, muss man aber nicht, wenn man es zu abgedreht findet“.

Standgefäss, Greifpinzette für Dinge, die aus Schubladen geholt werden müssen.

Öffnen der Schublade ? Mit der IKEA-Wäscheklammer.Machen wir seit ?10? Jahren so. Oder schon länger.  Denn wer desinfiziert die rund 20 Schubladengriffe der Hinterkopfzeile nach jedem Patienten ?
Jede dieser IKEA-Wäscheklammern lässt sich hunderte Male sterilisieren.

Und jetzt noch zwei Neuerungen aus aktuellem Anlass.
Ihr dürft gerne den Kopf schütteln.

Ich habe mit dem 3D – Drucker mir Ständer gedruckt und bei AMAZON grell orange leuchtende Kugelschreiber bestellt. Das sind die Kugelschreiber, mit denen nur die Patienten schreiben. Die Kugelschreiber werden im Ständer an die Patienten übergeben und vom Patienten dort wieder hineingesteckt.

Und ich habe Hüllen gedruckt für die Griffe unserer Türen, die über normale Griffe verfügen. Die Hüllen schiebe ich über den Türgriff, wenn ich die Tür öffnen möchte. So bleibt meine nicht behandschuhte Hand unkontaminiert. Sobald ich ein 3D- Druck- Material gefunden habe, dass sich dauerhaft ohne Nachteile sterilisieren lässt, werde ich diese Hüllen als permanente Schutzhülle über den Griffen der Türen zum Aufbereitungsbereich, der meine beiden Behandlungszimmer verbindet,  belassen und diese nach jedem Patienten wechseln. Bei 5-6 Patienten am Tag kein Problem. Auch hier wieder – 50 gute Gründe, sich auf Endodontie zu spezialisieren. bei 20 oder 30 Patienten am Tag wird das ganze schon wieder nicht durchführbar, zumindest wird es zur unrealistischen Forderung.  Im Moment bekommt jeder Mitarbeiter, der möchte, eine solche Hülle als seine persönliche Hülle zur Verfügung gestellt. Mit dieser Hülle lässt sich die Tür kontaminationsfrei öffnen und schliessen, die Tür zu – und aufschliessen und der Wasserhahn in der Personaltoilette, der nicht berührungsfrei bedient werden kann, auf – und zusperren.

Zu Hause haben wir Vola-Armaturen.
Hierfür habe ich ebenfalls mittels 3D Druck einen kleinen Aufsatz gedruckt, mit dem sich die Armaturen im Falle eines Falles bedienen liessen.

Wird uns das Alles vor einer Infektion schützen ?
Es wird es nicht, da mache ich mir gar keine Hoffnungen.

Aber ich möchte versuchen, diese Infektion so weit wie möglich herauszuzögern, um über die Grippe- Welle hinwegzukommen. Hier sehe ich die eigentliche Gefahr, die Doppelinfektion, mal ganz abgesehen davon, dass eine richtige Virus-Grippe (ich hatte dies vor 2 Jahren zum ersten Mal, bin nicht wehleidig, aber das hatte mich eine Woche ausgeknockt) keine harmlose Sache ist, zumindest in meinem Alter. Als junger Mensch steckt man so etwas besser weg.

Die erwähnten Maßnahmen nützen uns bei beiden Keimen.

Noch eine meines Erachtens wichtige Nachricht zum Schluss. Die Zahl der Neuerkrankungen in China nimmt sichtbar ab. Sollte dies nicht auf eine Manipulation der Regierung zurückzuführen sein, sondern der Realität entsprechen, wären wir in 2 Monaten mit Covid – 19 de facto durch. Und zwar mit vergleichsweise geringem Schaden.

 

 

 

3 Gedanken zu „Kampf dem Virus! – Was macht ihr mit euren Türklinken…

  1. Hallo HaWi,

    kurze Frage (bei meinem Nachnamen sehe man es mir an dieser Stelle nach): Wie ist es denn bei der Verwandtschaft? Bussi links, Bussi rechts? Oder gar beim vielgeliebten Weib?? Abstinenz allenthalben?? Oder geht da noch die Umramung? Händedesinfektion davor UND danach? Mundspülung???
    Ich habe Deine Akribie und Deinen Sinn fürs Detail wirklich immer schon sehr bewundert, aber das hat schon eine klitzekleine zwanghafte Komponente, oder seh ich da was falsch?
    Obwohl ich sowas generell gut finde, denn wenn wir alle hier versuchen 100% zu geben, muss irgendwann einer kommen, der sich an die 1000 ranwagt…

    Nix für ungut, wenn Deine Mühe fruchtet, hast Du gewonnen! :) LG, Harald Vögele

    • Ich wäre zumindest in höchstinstanzlicher Gesellschaft, Harald, wie diese Schlagzeile von heute beweist.

      https://www.der-postillon.com/2020/03/seehofer-merkel-coronavirus.html

      ich antworte detailliert die Tage, jetzt muss ich erst einmal mein Beratungsgespräch bei der KZV vorbereiten, ich wurde eingeladen, weil ich 26 Arztbriefe im Quartal an die Überweiser geschrieben habe. Wir reden über 420 Euro, also 7 Euro pro Tag. Die 420 Euro sollte man dann fairerweise gegenrechnen mit dem Honorar für die mehr als 20 WF´s, die ich revidieren musste. Macht über den Daumen 6000 Euro.

  2. Hallo HaWi,

    vielen Dank für die ausführliche Antwort auf meinen Kommentar.

    Zur Sterilisierbarkeit von 3D gedruckten Dingen: hast du schon ans Lasersintern gedacht, also ans 3D Drucken in Metall?

    Lg Tomas

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