von Olaf Löffler
Die neue Gebührenordnung für Zahnärzte ist letzte Woche erschienen.
Das Vorblatt beginnt mit folgendem Satz:
A. Problem und Ziel
Mit der Verordnung sollen
– das Gebührenverzeichnis der GOZ an die medizinische und technische Entwicklung angepasst,
– bisher häufig aufgetretene gebührenrechtliche Streitfälle geklärt sowie
– die allgemeinen Gebührenvorschriften weiterentwickelt werden.
Die Leistungen im Bereich Wurzelkanalbehandlung und Vitalerhaltung Pulpa haben mich zunächst besonders interessiert. Ich habe mir die Mühe gemacht die Positionen der alten und neuen GOZ zu vergleichen. Siehe Tabelle.
Im ersten Vergleich wurden bei mir die Punkte eines älteren Referentenentwurfs verwendet…
Nun die aktualisierte Gegenüberstellung und die Beruhigung meinerseits zum Thema Devitalisation…
Gebührennummer | Beschreibung | Alt Punkte | Neu Punkte | Veränderung in Prozent |
2330 | cp | 110 | 110 | 0,00 % |
2340 | p | 200 | 200 | 0,00 % |
2350 | Amputation | 290 | 290 | 0,00 % |
2360 | vite | 110 | 110 | 0,00 % |
Devitalisation | 50 | |||
2380 | Amp. MZ | 160 | 160 | 0,00 % |
2390 | Trep | 65 | 65 | 0,00 % |
2410 | wk | 280 | 392 | 71,43 % |
2430 | med | 130 | 204 | 63,73 % |
2440 | wf | 200 | 258 | 77,52 % |
2400 | el | 70 | 70 | 0,00 % |
2420 | phys | 70 | 70 | 0,00 % |
110 | Mikroskop | analog | 400 |
Diese und andere Beispiele zeigen deutlich,daß an den GOZ-Veränderungsvorschlägen Zahnärzte als sicher gut bezahlte “Berater” beteiligt gewesen sein müssen, die jeden fachliche Durchblick vermissen lassen. Das war bei der Blüm-GOZ dasselbe.Der beteiligte Zahnarzt ;”E” war eine Pfeife. Hauptsache war und ist die politische “Verwertbarkeit” und die kostenneutrale Umsetzung.Womit wieder belegt wäre,daß es unsere eigenen Leute sind,ob KZV oder “Gutachter”,die gegen uns arbeiten. Frgat Euch doch mal selbst: welcher qualifizierte Kollege in eigener Praxis hätte Zeit und Lust, sich diesen frustrierenden Aufgaben zu widmen, außer finanzschwachen Wichtigtuern..??
Die Antwort ist doch ganz einfach. Auf dem Papier steht eine 6%ige Erhöhung der Honorarsumme. Wie bleibe ich kostenneutral? Ich erhöhe Positionen, die nicht durchgeführt werden (sollten) um 100% und senke häufig abgerechnete Gebührennr. z.B. Cp.
Das ist doch pervers.
Jacqueline
Welche GOZ Vorlage lag der Recherche zu Grunde? Danke
Ergänzung: Ich habe nämlich Probleme die angegebenen Gebührennummern in der ersten Spalte zuzuordnen … 241 wäre 2410 und das wohl die WK???????
Stimmen die angegebenen Punkte?
Andreas,
Danke, da ist bei mir ein Fehler unterlaufen. Es wurde ein älterer Referentenentwurf hergenommen und nicht die neue GOZ. Ich werde es korrigieren und ändern.
Gruß
O:
Bitte gerne und schon gibt es wieder mehr Spaß bei der Endo ;-)
Hallo Olaf,
das Vorblatt zum Referentenentwurf ist auf “politisch” geschrieben und noch in “deutsch” zu übersetzen. Wenn ich das mal in freier Form versuchen darf:
A. Problem und Ziel:
Mit der Verordnung soll das “Erstattungsfähigkeitsprinzip” in der Berechenbarkeit zahnärztlicher Leistungen weiter zementiert werden, mit folgenden Zielen
a) die Belastungen der mächtigen PKVen berechenbar und klein zu halten,
b) die Belastungen der Beihilfeträger der öffentlichen Hand klein zu halten,
c) gerichtlich erstrittene berechnungsfähige Analogien zu kassieren und auf dem kalten Verordnungswege auf ein erstattungskonformes Maß zurückzuführen,
d) das Zielleistungsprinzip durch die Hintertür zu etablieren und so Kostenerstattern die Möglichkeit zu neuen gebührenrechtlichen Streitfällen um Erstattungsfähigkeitstatbestände zu eröffnen,
e) den BEMA gar nicht so schlecht aussehen zu lassen (Stichwort: “Zweiklassenmedizin”),
e) den berufsständischen Körperschaften durch die Erfordernis der Durchführung neuer Abrechnungskurse, der Erstellung neuer GOZ-Kommentare und Stellungnahmen sowie näherer Abrechnungsregularien und autentischen Gebührenzifferninterpretationen die Wichtigkeit der Notwendigkeit ihrer Existenz auch weiterhin – zumindest mittelfristig – zu untermauern.
Unter C: Alternative steht im Entwurf: Keine.
Übersetzt etwa:
ihr könnt Euch Eure ganzen wissenschaftlichen Zeitmessstudien und HOZ-Entwürfe zu medizinischem Fortschritt sonstwo hinstecken, ihr kriegt das, was politisch jetzt halt grad machbar erscheint. Es hätte ja alles noch viel schlimmer kommen können, wenn etwa eine rot-rot-grün-schwarze Koalition…….. Also, seids zufrieden: der Punktwert hat auch nach 46 Jahren noch seine 11 Pfennige und für acht Stunden Abwesenheit kriegt ihr 56,00 €. …
Eine Satire entspricht etwa der Karikatur in der Kunst. Man wäre fast versucht, diesen Referentenentwurf für eine Satire zu halten. Wenn es nicht tatsächlich bitterer Ernst wäre.
Allein: Auf törichte Wünsche folgt zuweilen eine grausame Strafe: ihre Erfüllung.
In diesem Aphorismus von Isolde Kurz liegt sehr viel Lebenserfahrung.
Etwas, was die lautstarken Forderer einer neuen GOZ offensichtlich nicht hatten: Wer hätte wirklich erwartet, dass eine neue GOZ tatsächlich Verbesserungen für die Zahnärzte bringen würde? Viel zu wenig Zahnärzte haben die Mahnung des Bundesverfassungsgerichtes, die Möglichkeiten der GOZ voll auszuschöpfen, ernst genommen und umgesetzt. Wie oft findet man als Faktor die Zahl 2,3 auf Zahnarztrechnungen, die ja, wie wir alle wissen, häufig nicht mal ein vergleichbares BEMA Honorar zu erreich hilft? Wieviele “freie Vereinbarungen” werden tatsächlich jeden Tag getroffen?
Da hat die mächtige PKV-Lobby doch ein leichtes Spiel. Und natürlich spielt der Verordnungsgeber als “Staatsorgan” nur zu gerne mit, erspart er doch den Beihilfeträgern der öffentlichen Hand – dass heißt letztlich sich selbst – gleichzeitig ebenfalls eine Menge Geld.
Und: die Kammern sind – als Körperschaften öffentlichen Rechts – in letzter Konsequenz auch “Staatsorgan”: die Vorstellung von berufsständischen Körperschaften als selbstständige, freie Interessenvertretungen eines einheitlichen Berufsstandes ist doch eine fiktive. Kammern sind letztlich staatliche Kontrollorgane.
Wer in Wikipedia nachliest, findet unter “Berufsständische Körperschaften”
“Neben der Erfüllung der ihnen zugewiesenen staatlichen Aufgaben fungieren sie als Interessenvertretung ihrer Mitglieder. Auch besitzen sie Satzungsgewalt, welche personell auf ihre Mitglieder und sachlich auf ihren Aufgabenkreis beschränkt ist. Der Staat hat die Aufsicht (Staatsaufsicht) über die Kammer. Weit überwiegend besteht Zwangsmitgliedschaft.”
Erwarten wir also nicht Dinge von ihnen, die sie nicht leisten können.
Immerhin: Zuschlag fürs Mikroskop ist ja dabei rausgekommen: 22,50 €. Da amortisiert sich diese Investition in modernste Technik rasend schnell. Ein großer Wurf! Allerdings: das Zielleistungsprinzip wartet schon drohend an der nächsten Erstattungsecke.
Der gemeine praktizierende Zahnarzt an sich wäre mit einer unveränderten GOZ mit einem Leistungsstand von 1988 und ihren Möglichkeiten sicher weiterhin besser gefahren….
Aber manchmal gehen törichte Wünsche in Erfüllung.
Liebe Grüße vom Lande,
Thomas
Danke Thomas, Du hast wie immer die treffenden Worte parat uns sprichst mir aus der Seele.
Am besten ist wirklich der Anfang des Beschlusses mit den Hinweisen auf die Erstattungsfähigkeit. Das sagt doch schon Alles.
Grüsse “ausm Wald aufs Lande”
Andreas
Ja Freunde, das hat uns der politische Feind eingebrockt: die Nichtunternehmerpartei, die Sozialisierungspartei, die Partei der großen sozialistischen Ideologien, die Betroffenheitsgutmenschen: die FDP. Super. Weitblick nenne ich das. Das Beste, Fairste und dem Parteiprogramm der FDP am meisten Entsprechende wäre gewesen: die FDP hätte die Novellierung einfach abgeblasen.
Aber solche einschneidende Maßnahmen schafft die FDP nur bei den Hoteliers.
Ich glaube eher, daß die FDP gar nicht in der Lage war, Kompetenz zu zeigen.
Die Partei ist intellektuell extrem ausgebrannt – ansonsten hätte sie sich nicht als die Partei in die Geschichtsbücher einschreiben lassen als GOZ Novellierungspartei.Denn dort wird sie für die nächsten 23 Jahre stehen, bis die nächste Novelle kommt: GOZ 2012 = FDP.
Die konnten gar nichts sagen zum Thema, weil sie über keine Kompetenz verfügen.
Und da winkt man den Entwurf der Vorregierung dann halt durch, um, nicht aufzufallen.
Und das ist noch bitterer.
Und Rösler ist Arzt; ein Hohn, das wir gerade von einem FDP Arzt dieses Kuckuksei gelegt bekamen.
Ohnmacht?
Ein wenig; vor allem, wenn ich daran denke, daß bei Versicherungen jetzt der 2,3 fache Satz ja wieder der fair aktualisierte, allen Interessen gerecht werdende Normalsatz ist. 3,5 fach? Weshalb, mein lieber Herr Behandler? Unverschämter Abzocker!
Nun , ich werde meine Patienten so wie bisher behandeln: viel zu aufwendig, viel zu zeitintensiv, viel zu Material verschwenderisch. Und werde ihnen sagen, daß die neue GOZ von Politikern beschlossen wurde. So wie die Eurokrise. Dass sie jedoch beruhigt bleiben können, weil ich so behandele wie bisher, ohne meine Leistung dem engen neuen Gebührenkonzept qualitativ nach unten anzupassen. Bloß zuzahlen werden sie müssen wie bisher ja auch schon . Und das wird nun einfacher, weil ich über
Honorarvereinbarungen gehen werde und nicht mehr über Analogien, die juristischer Kaugummi waren…
Die Gesundheitsminister kommen und gehen, die Ansichten ebenfalls – was bleibt ist das, was ich täglich erbringe für den Patienten. Und dafür muß man Wege suchen. Und die werden wir finden. Zum Glück MUSS ich nicht zum 1.0 fachen Satz behandeln. Diese Freiheit bleibt mir.
Spätsommerliche Grüße Stefan
Hallo Stefan,
in der Tat: die strenge Bundeskanzlerin hat die FDP Kompetenz nicht zeigen lassen. Und die FDP hat bedauerlicherweise weder die Persönlichkeiten noch den politischen Instinkt, um der “Richtlininienkompetenzbestimmerin”, die ja keineswegs immer christlich-demokratische Grundlinien vertreten hat ( nach eigenen Angaben war Merkel in ihrer FDJ-Gruppe als Kulturreferentin tätig, böse Zungen sagen ihr eine Zuständigkeit für andere Dinge nach….), im Bereich der Gesundheitspolitik Paroli zu bieten. Die FDP klebt an ihren Ministersesseln und wird dafür die nächsten 23 Jahre in der Versenkung verschwinden.
Beschert hat uns diese GOZ auch nicht die frühere KBW-Angehörige Ulla Schmid, obgleich unter ihrer Ägide die wesentlichen Punkte dieses großen Wurfs formuliert wurden.
Beschert hat uns diese “GOZ-Novelle” eine starke und mächtige Lobby der PKVen, gegen die unsere staatsbeaufsichtigten Körperschaften ohnehin absolut chancenlos sind.
Die Analogien waren von Einzelnen gerichtlich erstrittene fest eingeschlagene Pflöcke, die der zunehmenden Willkür der Kostenerstatter Einhalt geboten. Sie wurden ohne Not herausgerissen für wesentlich schlechtere aber nun verordnungsrechtlich ja einwandfrei fixierte Gebührenordnungsinhalte. Ein Schelm, der Böses dabei denkt ?
Freie Vereinbarungen hat jeder schon immer treffen können….
es wäre schön, wenn dieses letzte Instrument des freien Marktes jetzt tatsächlich eine breite Anwendung fände: allein, mir fehlt der Glaube.
Schade ist, dass selbst dieser bodenlos dreiste Umgang von Politik und Gesellschaft mit einer Berufsgruppe, die zu den Leistungsträgern, Job-Generatoren und Steuermilchkühen der Nation gehört, diese Gruppe nicht aufwecken kann aus ihrem Traum von den besseren Zeiten und vom Mantra des “es ist immer noch irgendwie weitergegangen” befreit.
Stefan, natürlich hast Du völlig Recht.
Allein:
es bleibt uns mehr als nur die eine Freiheit… wenn wir sie uns nur endlich nähmen.
Herzliche Grüße in die Hauptstadt
Thomas