eCard (2)

von Olaf Löffler

Überrascht hat mich die Meldung zur Einführung der eKarte.

Die ersten Reaktion im Blog hatten mich sehr nachdenklich gemacht und veranlasst nocheinmal etwas nachzulegen.

Die ersten Leser fanden den Beitrag eher unwichtig. Thomas Weber hat durch seinen Kommentar etwas mehr Beachtung für diesen Artikel gebracht. Danke Thomas.

Sind die Folgen dieser Einführung bekannt? Welches Prozedere erwartet die Praxen?

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Zitat: Südwestpresse, Ulm vom 19.06.2010 – Hinweis von Thomas Weber

In einer Blitzaktion hat der Bundestag mit den Stimmen von Union und FDP neue Regeln zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte verabschiedet. Das Gesetz verpflichtet die Krankenkassen Online-Dienste bereitzustellen, mit denen alle 187 000 Ärzte und Zahnärzte die Stammdaten auf der künftigen Versicherten-Chipkarte prüfen sollen. Die Pflicht gilt, sobald die neuen Kärtchen bereitstehen. Jedes Quartal soll dieser Abgleich stattfinden. Zu den Versichertenstammdaten gehören sensible Informationen wie Teilnahme an Chronikerprogrammen zu Brustkrebs oder Diabetes. Bisher war diese Kontrolle im Gesetz nicht vorgesehen.

Vor der Entscheidung haben Ärzte, Datenschützer und Patientenverbände an Gesundheitsminister Phillip Rösler (FDP) appelliert, den Gesetzentwurf zurückzuziehen. Er war erst am Dienstag dem Gesundheitsausschuss zugestellt und gestern – kurz vor dem Fußball-WM-Spiel – im Parlament beschlossen worden. Die Kritiker erklärten: Arztpraxen seien keine „Patientenkontrollstellen“ der Kassen. Bis die Daten geprüft seien, vergingen bis zu 20 Minuten. Funktioniere der Abgleich nicht, könnten Ärzte Kranke nur gegen Rechnung behandeln. Die Einführung der E-Karte koste bis zu 14 Milliarden Euro. Für die Tests hätten die Kassenmitglieder bereits 1,5 Milliarden Euro bezahlt. Der deutsche Ärztetag hat die E-Karte und diesen Stammdatenabgleich noch im Mai abgelehnt.

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Unsere Praxen werden per DSL ( soweit vorhanden ) Online angebunden sein. Die Absicherungen der Praxisserver wird nicht unbeträchtliche jährliche Kosten bringen.

Es werden Rezeptionshelferinnen mit dem Datenabgleich über Stunden beschäftigt sein. Insbesondere, wenn nur die Kartenlesegeräte online angebunden sein sollten, was am Quartalsanfang zu Problemen führt, wenn deutschlandweit Ärzte und Zahnärzte auf den Zentralrechner zugreifen.

Der administrative Aufwand wird an die Praxen delegiert. Der Nutzen für den Patienten ist gering bis nicht erkennbar.

Hier noch einige Links – für Sie und Ihre Patienten:

1. Mythos Gesundheitskarte

2. Einführung durch die Hintertür

3. Ärztezeitung

4. Ärzte als Spitzel

5. hier im Blog

6 Gedanken zu „eCard (2)

  1. Ick hab doch schon petitiert, haste ditte nich jemerkt?
    Olaf, Du hast soooo recht. Eine Schweinerei, und das von schwarzgelb.
    Übel.
    Danke für Deine Borstigkeit, das Thema nochmals aufzulegen!

  2. Olaf,

    in der Tat: die Probleme der eGK werden grösser sein, als man sich das heute vorstellen kann. Wer glaubt, das sich das „Onlineabgleichen“ tatsächlich lediglich auf Patientenstammdaten beschränken wird, ist naiv: die Ärzte sollen jetzt Aufpasser der Krankenkassen sein, die offenbar nicht in der Lage sind, den legitimen Einsatz ihrer Versichertenkarten zu kontrollieren. Oder wie anders soll man diesen Stammdatenabgleich verstehen? Und natürlich wird der adminstrative Aufwand „wegdelegiert“….

    Ein Blick zurück zeigt uns oft den Weg der vor uns liegt:

    Ich habe bereits praktiziert, als es noch den guten alten Krankenschein gab.

    Zum 1. Januar 1995 kam die KVK. Lesegeräte wurden angeschafft, die Software erneuert, „Erfassungscheine“ angeliefert…. und in den Notdiensten kamen die ersten Patienten mit „ausgeliehenen“ Karten. Missbrauch wurde damals von Kritikern vorher beklagt, aber einfach billigend in Kauf genommen.

    Die Vorteile lagen ja auf der Hand: Die „Leistungserbringer“ mussten jetzt die Stammdaten nicht mehr von Hand erfassen, sondern konnten diese von der Karte direkt einlesen: nur, o weh, die Karte war keineswegs unfehlbar: es stimmten Vornamen nicht, Schreibweisen wurden verändert, Geburtsdaten waren falsch und die Adressen ebenso. Dafür gab es dann das Ersatzverfahren. Das gab es beim guten alten Krankenschein nicht. Da stimmte alles und konnte ggf. auch noch schnell geändert werden. Es war den Krankenkassen aber nicht zuzumuten, diesen bürokratischen Aufwand des Verteilens eines Krankenscheinheftes weiter zu treiben…. aber den Praxen der „Leistungserbringer“ den der KVK schon….

    In 2004 kam die „Praxisgebühr“, die schon im Namen grundsätzlich falsch aber doch mit politischem Kalkül gewählt war: „Kassengebühr“ muss es richtigerweise heissen; durfte es aber nicht, weil den Krankenkassen der bürokratische Aufwand des Beitreibens dieser nutzungsabhängigen individuellen Beitragserhöhung nicht zuzumuten war…. den „Leistungserbringern“ aber schon. Hat diese Massnahme zum gewünschten Erfolg geführt? Aber natürlich, deshalb gehen ja die Deutschen statistisch jetzt nur noch 18 mal im Jahr zum Arzt… Unbestrittene Weltmeister.
    Aber, aufgemerkt: die Praxisgebühr ist nach höchstrichterlicher Entscheidung nicht verfassungswidrig. Also muss sie gut sein.

    Egal, wir müssen mit der Zeit gehen (- wenn auch nicht immer ganz klar ist, wohin-) und die Gesundheitspolitik setzt auch mit dem FDP-Minister Dr. Rösler die tollen Reformanstrengungsmaßnahem seiner Amtsaltvorderen Horst Seehofer und Ulla Schmid konsequent weiter um: das ist Kontinuität im Amt, aber in der Tat entäuschend von einem Mann, der in der Opposition noch sehr vernünftige Ideen in sein Programm schrieb.

    Statt der vielbeschworenen Eigenverantwortung, zum Beispiel im Arzneimittelsektor denkbar durch die einführung von Wirkstofffestpreisen, die die Erstattungshöhe für einen verordneten Wirkstoff durch die Krankenkasse festschriebe, und den Patienten entscheiden liesse, ob er das teurere Orginalpräparat gegen eine entsprechende Zuzahlung dann einem billigeren, kostenfreien Generikum vorzöge, ein Arzneimittelsparpaket mit den Füssen sozusagen, setzt man auf „Zwangsrabatte“ der Hersteller für die Krankenkassen. Das ist ur-liberales Gedankengut… oder war das mal anders? Egal.

    „Brot-und Spiele“-Politik ist mittlerweile typisch deutsch. Und so würde mich nicht wundern, wenn die Fussballnationalmannschaft ihren WM-Siegeszug fortsetzt, rasch noch die Mehrwertsteuer vor dem Endspiel „reformiert“ würde.

    Aber das geschähe einem Land, in dem der Sportteil der Zeitung wichtiger ist als der Politikteil, eigentlich nur recht.

  3. Super Beitrag und auch toller Kommentar. solche aktionen sind doch aber der grund für die politikverdrossenheit. der sportteil macht mehr gute laune als wenn ich lesen muss, dass irgendeine unnötige von steuer bezahlte runde über den krümmungsgrad von banaen unterhält :-(

    • Das ist sicher wahr. Jedoch gebe ich zu bedenken:

      Die von unseren Steuern bezahlte Runde kann deshalb über den Krümmungsgrad von Bananen diskutieren, weil es eben überhaupt niemanden mehr interessiert, was die Politiker so machen, und kein Aufschrei der Entrüstung deshalb mehr über das Land fegt. Sondern man eben lieber den Sportteil liest oder, um nicht sportfeindlich zu erscheinen: im Fernsehen verfolgt wie schwedische oder monegassische Prinzessinnen heiraten oder wer sich von Heidi Klumm oder Dieter Bohlen wieder mal als „Top-Modell“ oder „Superstar“ vorführen lässt.

      Wer geht heute noch wählen (ob den Elternbeirat in der Schule der Kinder oder den Abgeordneten zum Europaparlament)? Wer schreibt denn heute noch an seinen Bundestagsabgeordneten, wenn ihm etwas nicht passt? Wer initiiert Petitionen oder unterstützt sie? Wer engagiert sich in einer Partei oder auch parteilos in politischen Gremien? Wer widerspricht unsinnigen Verwaltungsakten oder klagt gegen sie?

      Und wer es weniger zeitaufwendig mag: wer schreibt noch Leserbriefe an Zeitungen oder Blog-Kommentare bei Anne Will oder Hart aber Fair, wenn mal wieder haarsträubende Realitätsklitterung als „Fakt“ verkauft wird?

      Früher waren das Intellektuelle, also Leute, die die Fähigkeit besaßen, unter Einsatz des Denkens eigenständig Erkenntnisse und Einsichten zu erlangen. Heute scheint es nur noch weniger von dieser Art zu geben. Oder es wollen sich nur wenige als solche outen. Oder es sind viele einfach zu bequem: denn das ist schon mit ein bisschen Arbeit verbunden.

      Und weil das alles nur noch sehr wenige intelligente Menschen tun, kann die Politik, die sich spätestens seit dem Niedergang der Römischen Republik mit Wahlversprechungen Mehrheiten erkauft, tun, was sie will.

      Wir werden aufschreien, wenn unsere Praxen lahmgelegt werden, weil das alles nicht funktioniert, was man sich am grünen Tisch ausgedacht hat. Wir werden schimpfen, wie wir immer schimpfen, wenn das Budget nicht ausreicht, unsere Rechnungen von der privaten Versicherung willkürlich gekürzt erstattet werden oder wir zum xten Male eine Stellungnahme an irgendeinen Prüfungsauschuss abgeben müssen, warum wir für die Versorgung unserer Patienten zuviel zu teures Nahtmaterial verschwendet haben.

      Ändern werden wir dann nichts mehr.

      Beste Grüße vom Lande,
      Thomas Weber

  4. Jetzt ist es dann bald soweit:
    die eGK kommt. Auch zu denen, die sich dafür nicht interessiert haben.

    Und wir haben dieselben Probleme, wie Taiwan vor 10 Jahren….

    http://www.dzw.de/politik/artikel/archive/2011/february/article/bis-zum-30-september-2011-muessen-zahnaerzte-egk-faehig-sein.html

    Wenn man in 10 Jahren aus den Fehlern anderer nicht lernen konnte, muß man sie tatsächlich wieder selber machen…

    Grüße, Thomas

  5. Interessanter LInk:

    „Stoppt die E-Card“: http://stoppt-die-e-card.de/
    Auch ein interessanter Gedanke zur Praktikabilität der Authentifizierung bzw. möglichen Sicherheitslücken: http://www.stoppt-die-e-card.de/index.php?/archives/130-Sicherheitsgefahr-durch-Elektronische-Gesundheitskarte-Experte-schlaegt-Alarm!.html
    (wenn z. B. ein Arztausweis, der zum Auslesen der Daten verloren geht?)

    Für mich ein Projekt, mit dem sich einzelne Standespolitiker unbedingt profilieren wollen; auf der Homepage des Gesundheitsministeriums ist entsprechend viel BlaBla zur elektronischen Gesundheitskarte zu finden: „Vernetzung“, „moderne Informations- und Kommunikationstechnologie“, „Verbesserung der Patientenvorsorge“, „schneller Zugriff auf relevante Daten“ – alles Schlagwörter, die sich ganz toll anhören („Sie etwa gegen moderne Informations-/Kommunikationstechnologie und gegen die Verbesserung der Patientenvorsorge? Wollen Sie etwa keinen Fortschritt?“), im Grunde aber wohl eher etwas damit zu tun haben, daß die IT-Technik in Deutschland massiv gefördert werden soll; fragwürdig, wenn der konkrete und reale Nutzen – im Vergleich zur heutigen Situation – dieser Technologie in Bezug auf die Daten der Krankenversicherten tatsächlich gar nicht feststeht und „IT“ hier unreflektiert per se synonym für „sinnvoll“ steht.
    Die FDP, die sich das Thema „Daten- und Verbraucherschutz“ angeblich auf die Fahnen geschrieben hat, macht sich hier in der Amtsinhaberschaft des Gesundheitsministers absolut unglaubwürdig. Jeder Patient sollte doch bitte bei so sensiblen Daten für sich selbst entscheiden können und dürfen, ob er eine Datenspeicherung wünscht oder nicht.

    Hinsichtlich der Praktikabilität: Patienten älteren Lebensalters: ob die immer ihre 6-stellige PIN wissen und dabei haben („Ach, ich bringe die immer mit meiner Kontonummer durcheinander – oder war es die Handy-PIN? Oder EC-Karten-PIN?“)? Ich bezweifle es. Ich verstehe auch nicht, wo der Nutzen von gespeicherten Daten sein soll, wenn man doch aus Sorgfaltspflicht ggf. erneut, z. B. im Bereich der Humanmediziner ein neues Blutbild o. a. Befunde erheben muß? Da geht ein kurzes Fax oder Telefonat mit dem Kollegen wohl schneller und kostet keine Millionen Euro – der Aufwand eines Arztbriefes wird ja ohnehin entstehten, auch wenn er nicht mehr ausgedruckt und an den Arzt gesendet/dem Patienten mitgegeben wird, sondern nun auf einer Karte gespeichert wird. Und muß z. B. die Blutgruppe im Notfall trotz entsprechend beigeführten gedruckten Ausweises über die Blutgruppe nicht trotzdem nochmals überprüft werden? Ist das nun mit „E-Card“ nicht mehr nötig? Und wie erfolgt im Notfall ein Zugriff auf die E-Card? Oder wofür und für welche Befunde soll die eigentlich gut sein?

    Hinsichtlich des Nutzens in der Zahnmedizin: Was sind hier „relevante Gesundheitsdaten“? Vor allem: wie soll denn die elektronische Gesundheitskarte konkret im zahnmedizinischen Bereich „die Patientenvorsorge verbessern“? Soll das Ergebnis der letzten Vitalitätsprobe darauf gespeichert werden??? Na, da lohnt sich ja die Anschaffung des Gerätes.

    Sonja Hey

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