Fotografie mit dem Dentalmikroskop – Eine Einführung (10)

Einer der wichtigsten Punkte, scharfe Fotos mit dem Dentalmikrsokop betreffend, kommt jetzt. Und ich muss weiter ausholen: Die Linsen unseres Mikroskopes ersetzen das Objektiv der Kamera. Allerdings fehlt am Mikroskop ein wichtiges Bauteil.
Mit für uns weitreichenden Folgen.

Wenn wir Dentalmikroskop- Fotos betrachten, dann fällt neben der zu erwartenden hohen Vergrößerung eine weitere Besonderheit ins Auge. Die extrem geringe Schärfentiefe der Fotos.

Unter dem Begriff „Schärfentiefe“ versteht man in der Fotografie die tatsächlich messbare Tiefe, wie weit in den Raum hinein ein Bild scharf erscheint. In der kreativen Fotografie nutzt man hierzu das physikalische (oder optische) Konzept der „Tiefenschärfe“, wonach Schärfe kein Punkt im Raum ist, sondern einen Abstand zwischen zwei Punkten darstellt – jedenfalls für die Wahrnehmung des Auges. Ein Foto mit geringer Schärfentiefe konzentriert, verdichtet die künsterliche Aussage auf einen kleinen Bereich. Unwesentliches vor unter hinter dieser Bildebene wird gewissermaßen ausgeblendet, weil die Unschärfe keine Interpretation des zu Sehenden zulässt.

Was genau das Gegenteil ist von dem, was wir in der dentalen Fotografie wollen. Genau wie in der Landschaftsfotografie geht es darum, einen möglichest großen Bereich des Bildinhaltes scharf und damit eindeutig sichtbar abzubilden.

Und da kommen nun leider zwei optische Grundprinzipien ins Spiel, die diesem Wunsch entgegenstehen.

  1. Als Brennweite wird die Strecke bezeichnet, auf der parallele Strahlen – zum Beispiel von einem Baum – hinter der Linse zu einem Punkt gebündelt werden. Je länger (grösser) die Brennweite eines Objektivs ist, desto weiter entfernt können Sie von einem Sujet stehen, um es formatfüllend auf den Sensor zu bannen. Je kürzer (kleiner) die Brennweite ist, desto näher können Sie an ein Objektiv herangehen. Je größer die Brennweite eines Objektives, umso geringer aber auch seine Tiefenschärfe. Unser Mikroskop ist demnach ein „Objektiv“ mit extrem hoher Brennweite, gewissermaßen ein Super Tele-Objektiv.
    Besser wäre es im Übrigen vom Bildwinkel zu sprechen. Der Begriff der Brennweite (in Millimeter) als Maß für die Art eines Objektives hat sich traditionell eingebürgert, allerdings ist die besagte Brennweite von der Größe des Films oder Sensors abhängig. Um ein Foto mit identischem Bildausschnitt zu machen, benötigen APS – C Kameras eine andere Brennweite als Vollformatkameras oder Mittelformatkameras. Der Bildwinkel ist für dieses Foto jedoch bei all diesen Kameraformaten immer der gleiche.

    Super-Weitwinkel-Objektive 126 bis 84°
    Weitwinkel-Objektive 82 bis 63°
    Normal-Objektive 57 bis 47°
    Portrait-Objektive 29 bis 19°
    Tele-Objektive 17 bis 10°
    Super-Tele-Objektive 10 bis 4°

    Die unterschiedlichen Bildwinkel kann man im Übrigen mit den 2 Zeigefingern gut simulieren, welche die Ränder des Fotos markieren. Die Arme ausgestreckt und weit gespreizt simulieren diese den Superweitwinkelbildausschnitt. Je weiter wir die Arme einander annähern, um so mehr nähern wir uns dann dem Normal – und später dem Teleobjektiv- Bildausschnitt mit sehr kleinem Bildwinkel.
  2. Fotoobjektive besitzen eine Irisblende. Wie auch unser Auge. Die wacht darüber, bei Film, Sensor und Netzhaut gleichermaßen, dass nicht zu viel oder zu wenig Licht in den „Sehkörper“ hineinkommt. Das Phänomen kennen wir. Bei zu viel Licht werden wir geblendet, bei zu wenig Licht sitzen, stehen, bewegen wir im Dunkeln. Und genau diese Irisblende besitzt unser Mikroskop nicht. Braucht es ja auch nicht, denn die benötigte Menge Licht können wir ja zu unseren Gunsten beeinflussen, indem wir die Lichtquelle höher oder niedriger regeln. Da dies in der Fotografie (unter natürlichen Lichtbedingungen) nicht geht (man kann ja schlecht der Sonne sagen, scheine mehr oder scheine weniger, ich möchte ein Foto machen), nutzt das Fotoobjektiv die Irisblende zur Lichtdosierung.

    Die Irisblende ist im Grunde genommen eine runde Jalousie zur Verschattung, die je nach Stellung mehr oder weniger Licht in die Kamera hineinfallen lässt. Und großen Einfluss auf die Schärfentiefe hat. Eine große Blendenöffnung führt zu einer geringen Schärfentiefe; wenn man abblendet, also die Blendenöffnung verkleinert, erhöht sich der Schärfentiefebereich.

    Ohne jene Irisblende entspricht der Schärfentiefebereich dem eines Objektivs mit Offenblende, ist also geringstmöglich. Die Mikroskop- Fotografie muss folgerichtig mit gleich 2 Handikaps kämpfen, die Schärfentiefe betreffend: Minimaler Bildwinkel = minimale Schärfentiefe + Fotografie mit Offenblende = minimale Schärfentiefe der minimalen Schärfentiefe.

    Konkret reden wir, je nach Vergrößerung, von einem Schärfentiefebereich von unter einem Millimeter. Eine extrem schwierig zu handhabende Ausgangssituation. Die aber sehr wohl mit sehr guten Ergebnissen gehandhabt werden kann.

    In der nächsten Folge werden wir darüber sprechen, wie ich nun diesen extrem geringen Schärfetiefenbereiche bestmöglich einstelle.

Ach ja. Was noch eine Rolle spielt, die Schärfe des Fotos betreffend.

  1. Die Qualität der Mikroskoplinsen. Und ja, da gibt es sehr wohl deutliche Unterschiede. Und was das Billigmikroskop von Anfang an nicht bietet, das wird in der Folge nur noch schlechter. Es gilt also. Hände weg von Schrott- Mikroskopen, auch wenn der Preis auf den ersten Blick verlockend erscheint.
  2. Die Art der Mikroskoplinsen. Wie in der Fotografie benötigen Zoomobjektive einen wesentlich höheren Aufwand in ihrer Konstruktion zur Sicherstellung einer bestmöglichen Schärfe als es Festbrennweiten brauchen. Ein Zeiss Pico mit mehreren Festbrennweiten liefert bessere Fotoergebnisse, als es ein Zeiss Pro Ergo liefern kann. Sowohl die Lichtstärke wie auch die Abbildungsleistung an sich betreffend.
  3. Die Größe des Fotosensors. Wie schon oben kurz angedeutet benötigen kleinere Film – oder Sensorformate für den gewünschten Bildausschnitt einen größeren Bildwinkel. Größere Bildwinkel bedeuten eine größere Schärfentiefe. Eine Sony-Vollformatkamera liefert also gegenüber der APS – C Variante bei gleichem Bildausschnitt eine geringere Schärfentiefe. Allerdings – Aufatmen bei den Sony Vollformatkamerabesitzern – dieser Effekt spielt bei der Mikroskopfotografie nur eine untergeordnete Rolle im Vergleich zu den anderen genannten Faktoren.

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