von Ronald Wecker
Das Entfernen von Obturationsmaterialien gehört meines Erachtens neben dem Überwinden von Stufen zu den besonders schwierigen Behandlungsschritten einerRevisionsbehandlung.
Insbesondere sehr weit apikal oder sogar periapikal gelegene Guttaperchareste stellen eine große Herausforderung dar. Ihre möglichst vollständige Entfernung ist eine Voraussetzung für eine optimale Desinfektion des Kanalsystems. Bleiben Teile von Obturationsmaterial im Kanal oder im Periapikalbereich zurück kann dies zum Misserfolg der Revisionsbehandlung führen, da die oftmals zerklüftete Oberfläche Bakterien die Möglichkeit bietet sich im Kanal der desinfizierenden Spüllösung oder im Periapikalbereich dem Zugriff des Immunsystems zu entziehen.
Das Entfernen periapikal gelegener Obturationsmaterialien kann je nach klinischer Situation sowohl unter direkter visueller Kontrolle als auch ohne direkte Sicht erfolgen.
Bei direkter Sicht eignen sich besonders Microopener und Microdebrider wie es bereits vor einiger Zeit an dieser Stelle von Olaf Löffler beschrieben wurde.
Microdebrider haben eine einer Hedströmfeile ähnliche Form. Die Schneidekanten sind jedoch im Vergleich zur Hedströmfeile weniger scharf. Dies hat zur Folge, dass ein “Verhaken” des zu entfernenden Fremdmaterials am Microdebrider zwar besser als bei einem Microopener, jedoch schlechter als bei einer Hedströmfeile erfolgt.
Kann das Entfernen des Fremdkörpers unter Sicht erfolgen, empfiehlt sich zunächst das Umfahren mittels Micropener um die Beweglichkeit des zu entfernenden Materials abzuklären. Ist das Fremdmaterial a) kleiner als das Foramen und b) beweglich kann versucht werden das Material mittels vorgebogener Microdebrider zu unterfahren und nach koronal zu mobilisieren. Eine CHX-Spülung mit einem gewissen Spüldruck kann anschliessend gelockerte Obturationsmaterialien nach koronal befördern.
In manchen Fällen ist das periapikal gelegene Fremdmaterial stark in Granulationsgewebe eingebunden. In diesen Fällen ist ein Mobilisieren mit Handinstrumenten nicht möglich. Um das Material aus dem Gewebe herauszulösen, kann es sinnvoll sein mittels exakt vorgebogener Endosonore-Feilen der Größe ISO 20 diese mit niedriger Ultraschall-Energie zu bearbeiten.
Obturationsmaterialien, die sich periapikal befinden und aufgrund der Kanalkrümmung nicht direkt eingesehen werden können, sind nicht zwingend “unentfernbar”. Besser als ein vorgebogener Microdebrider eignen sich hier vom Kunststoffgriff befreite Hedströmfeilen der Länge 31 mm die in eine Arterienklemme, vorzugsweise eine gebogene, eingeklemmt wird. Der Vorteil der Hedströmfeile liegt in ihren schärferen Schneidekanten (siehe oben).
Die aktuelle Foramengröße sollte bekannt sein um folgende Technik anwenden zu können:
Bei einer beispielhaften Aufbereitung des Kanalsystems in der Dimension 40/06 kommt als erstes Instrument eine Hedströmfeile der Größe 35 und einer Länge von 31 mm zum Einsatz. Die Vorbiegung muss so sein, dass das Instrument die Krümmung des Kanals exakt wiedergibt und aufgrund des geringeren Durchmessers unter endometrischer Kontrolle ca. 0,5 mm über die ermittelte 0-Länge eingebracht werden kann. Sodann wird das Instrument um 180 Grad gedreht ohne dabei nach koronal bewegt zu werden. Anschliessend wird das Instrument nach koronal bewegt. Die nun nicht mehr kanalkongruente Krümmung (Drehung um 180 Grad!) des Instrumentes erfasst das periapikal gelegene Material und kann es nach koronal ziehen. Geduld und Beharrlichkeit sind neben einem kleinem Quantum Glück zwingende Voraussetzung für einen erfolgreichen Entfernungsversuch.
Anbei ein klinisches Beispiel:
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