
“Möchtest Du einen Kaffee?”, frage ich meinen Freund Benno.
Es ist Samstag morgen und Benno ist gekommen, um den Käse abzuholen, den ich ihm aus unserem Urlaub mitgebracht habe.
Benno, der Landmetzger liebt nämlich einen besonderen Südtiroler Hartkäse. Trocken und fest, in Rotwein eingelegt, und lange gereift, so soll er sein. “Den gibt es bei uns nicht,” sagt er. Deshalb muss ich ihm immer gleich ein paar Kilo davon mitbringen, wenn wir in Südtirol waren und so sitzt er nun an unserem Küchentisch.
Wir erzählen, was in der Zwischenzeit so alles passiert ist.
“Letzte Woche war der Veterinärmediziner da”, erzählt er.
Einmal pro Jahr ist dieser vor Ort, um die Schlachtung zu überwachen. Ein Standardprozedere, auch wenn immer wieder es neue Regularien zu beachten gibt. So unterliegt nun auch das Bolzenschussgerät, das zur Betäubung der Schlachttiere eingesetzt wird, einer besonderen Beachtung. Eine EU- Richtlinie. Es muss eine Prüfplakette aufweisen zur Dokumentation der einwandfreien Funktion. Man sollte meinen, dass dies im ureigensten Interesse des Metzgers liegt. Wer möchte schon einen 300 kg schweren Bullen wieder unter Kontrolle bringen, wenn die Betäubung unversehens fehl schlägt und man kurz davor ist, dessen Kehle mit einem Messer zu bearbeiten. Benno erzählt, dass er natürlich vor jeder Schlachtung die Funktion überprüft. Schussbolzen, Feder, Dichtung, all das muss in Ordnung sein oder wird gegebenenfalls von ihm ausgetauscht. So macht er das seit nunmehr über 40 Jahren. Das genügt nun aber nicht mehr. Es bedarf der offiziellen Absegnung der einwandfreien Funktion durch eine Prüfstelle. 140 Euro kostet die Begutachtung. Viel Geld im Vergleich zum Neugerät, welches – Benno lacht – 168 Euro kostet. Und 5 Wochen war das Gerät unterwegs. In dieser Zeit durfte nicht geschlachtet werden. Ein betriebswirtschaftliches Unding. Es ist im Übrigen Vorschrift, dass – für den Falle eines Falles des Nichtfunktionieren des zertifizierte Gerätes – ein zweites Bolzenschussgerät vorhanden ist. Dieses muss nicht TÜV-zertifiziert sein, es reicht ein zertifiziertes Gerät pro Metzgerei. Macht das Sinn?, frage ich. Für den Fall, dass dein zertifiziertes Gerät ausfällt, darfst du dann mit einem unzertifizierten Gerät arbeiten. Das erscheint mir nicht logisch. Abgesehen davon brauchst Du nun 3 Bolzenschussgeräte, sage ich. Damit Du weiterschlachten kannst, solange das eine Gerät zur Überprüfung eingeschickt ist, brauchst du ein zweites zertifiziertes Gerät. Und dann ein drittes Gerät, das vorgehalten werden muss, wenn das erste Gerät zur Überprüfung ist und das zweite Gerät ausfallen sollte. Und zwei deiner drei Geräte müssen dann mit Prüfplaketten versehen sein. Macht auf 20 Jahre hochgerechnet, solange hält in der Regel so ein Gerät, statt 168 Euro nun 1568 Euro. “
Unsere Sterilisatoren müssen auch zertifiziert sein.
Nennt sich Validierung. Quasi der Sterilisationsgeräte-TÜV. Früher hatten wir einen Sterilisator. Das waren Geräte, die in der Regel ebenfalls mehr als 20 Jahre ohne Probleme ihren Dienst versahen. Alle paar Jahre musste mal die Türdichtung getauscht werden, dass war´s dann aber schon. Was kostete so eine Dichtung ? 50 Euro ?
Dann wurde eine neue Generation an Sterilisatoren vorgeschrieben.
Die mit Vakuum arbeiten, damit der Dampf auch wirklich in jede noch so feinste Ritze vordringen kann. Ist dies klinisch relevant ? Man weiss es nicht. Dafür haben wir es nun mit sehr komplizierter Technik zu tun. Die regelmäßig, spätestens alle 2 Jahre, in der Regel früher sogar gewartet werden muss. Von einem Fachtechniker. Und wir haben 2 davon, weil im Gegensatz zu den früheren Geräten, die neuen Geräte immer wieder mal eine Störung aufweisen. Ihre Funktion einstellen. Klar, die kompliziertere Technik bedingt eine höhere Fehleranfälligkeit. Also brauchen wir ein zweites Gerät, damit wir weiterarbeiten könnten, wenn das erste Gerät ausfällt. Was immer mal wieder vorkommen kann. Plötzlich. Unerwartet. Obwohl die Geräte regelmäßig gewartet werden. Von einem Fachtechniker.
Was kostet die Wartung ? Was kostet die Validierung ? Pro Gerät über den Daumen jeweils 1500 – 2000 Euro. Aus aktuellem Anlass kann ich sogar mit konkreten Zahlen aufwarten => Für die Wartung von 3 Geräten beträgt die Rechnung vom 12.10.2023 4950 Euro.
Kleine Hochrechnung gefällig?
Macht bei 4 Geräten, die in unserer Praxis benötigt werden zur Aufbereitung der Instrumente (2 B-Sterilisatoren, ein DAC, ein Thermodesinfektor) auf 20 Jahre gesehen 66.000 Euro. Die zum Kaufpreis von rund 30.000 Euro hinzukommen. Und die Validierung alle 2 Jahre mit weiteren rund 1000 Euro pro Gerät ist da noch gar nicht berücksichtigt.
100.000 Euro.
Oder gar 130.000 Euro weil diese Geräte vermutlich nur 10 Jahre durchhalten werden.
Plus 40.000 Euro Validierungskosten in dieser Zeit.
Macht nach Adam Riese 170.000 Euro.
Der Sterilisator, den ich zu Beginn meiner Praxistätigkeit kaufte, ja genau so ein Modell, das 20 Jahre problemlos funktionierte, der kostete damals umgerechnet 2750 Euro.
“Wenn ´s nicht so früh am Tag wäre, müssten wir jetzt eigentlich einen Schnaps trinken, Benno!”, sage ich. Wir lachen. Humor ist ja bekanntlich, wenn man trotzdem lacht…
Ein p.s. aus unerfreulichem aktiuellem Anlass.
Seit ein paar Tagen, die letzte Wartung ist weniger als 2 Arbeitswochen her, zeigt einer der beiden Sterilisatoren in zunehmendem Maße eine Fehlermeldung “61” an und bricht die Sterilisation ab. Das Telefonat mit dem Service-Techniker ergab, vermutlich müsse die Speisewasserpumpe ausgetauscht werden. Ich werde berichten.