Kombinierte Paro-Endo Läsion

Der Patient hatte den Hauszahnarzt (HZA) nach Jahren gewechselt. Sein neuer HZA stellte neben eine schweren P. marginalis auch apikale Veränderungen an mehreren Zähnen im OPTG fest. Der Patient wurde uns zur Therapie des Zahnes 36 überwiesen.
Der Zahn war ohne Beschwerden, lediglich die immer wieder auftauchende Schwellung distal am Zahnfleischrand empfand er als unangenehm. Aus dieser entleerte sich spontan immer wieder mal Pus, laut Patient.
Klinisch stellte sich folgende Situation dar:
Kariesfreier Zahn 36, okklusal Attrition und Spuren einer radikalen Einschleiftherapie, Schmelzrisse, Lockerungsgrad 2-3, keine Schmerz auf Perkussion. Die Sondierungstiefen waren erhöht und lagen distal über 11mm, db 3mm Gingivarezession. Die Sensibilität ist negativ.
Allg. Erkrankungen: Insulinpflichtiger Diabetes mellitus
Diagnose: kombinierte Paro-Endo-Läsion

Dem Patienten haben wir eindringlich eine Behandlung der P. marginalis geraten. Die Extraktion von 48, 18 und 17 wurde ihm bereits empfohlen. Das Implantat 14 hatte er vor einiger Zeit bekommen, weil der Zahn plötzlich wackelte und entfernt werden musste.
36 sollte nach seiner Meinung ebenso ersetzt werden. Der befragte Implantologe lehnte die Behandlung in diesem Zustand ab und empfahl den endodontischen Erhaltungsversuch.
Die Prognose haben wir mit günstig eingeschätzt.

Die Behandlung des Zahnes 36 verlief komplikationslos.
Das Kanalsystem (5WK) haben wir mit aktivierten Spülungen (Ultraschall und Schall) NaOCl 3% und Zitronensäue 10% desinfiziert und gereinigt. Die Wurzelfüllung erfolgte in thermischer Obturation angelehnt an Herbert Schilder mit Guttapercha.

Die Recalls zeigten einen schmerzfreien Zahn 36, der Lockerungsrad ist 0-1. Die knöcherne Regeneration erfolgte apikal im Bereich der Bifurcation ist keine Regeneration zu erwarten.
Die Sondieungstiefen lagen zwischen 4 und 6mm.
Der Empfehlung zu einer spezialisierten PA- Praxis sind HZA und Patient nicht gefolgt.

Ein Künstler der Dental-Transparenz – Holm Reuver

Wenn es eine Blütezeit der endodontischen Weiterbildung gab im Sinne eines Aufbruchs in neue Gefilde, dann war es die Zeit von 1995 bis 2004. Das Internet war neu, in globalen Emailgruppen wurde sich über 5 Kontinente hinweg intensiv ausgetauscht und große Koryphäen der Endo gaben Einblicke in ihre Behandlung. Was die Visualisierung des endodontischen Arbeiten anging, ein – den Besonderheiten der intraradikulären Behandlung geschuldet – nicht ganz einfaches Geschehen. Es gab allerdings zunächst weder DVT noch Micro CT. Dies lag zu Beginn noch in ferner Zukunft oder war auch später nur in homöopathischen Dosen verfügbar.

Einblicke in die Zahnwurzel ermöglichten daher lediglich zweidimensionale Röntgenbilder.
Seit 100 Jahren bekannt und daher ebenso langweilig wie wenig aussagekräftig, wenn es darum ging, die komplexe Anatomie von Wurzelkanalsystemen mehr als nur andeutungsweise zu visualisieren.

Umso beeindruckender waren Fotos von Präparaten transparent gemachter Zähne.
Und die Kollegen überschlugen sich mit Komplimenten und Superlativen, wenn solche Fotos – es gab zwei Kollegen aus USA und Südamerika, die solche Präparate herstellten – in den Weiterbildungs-Foren gezeigt wurden.

Ohne die Leistungen der beiden Kollegen schmälern zu wollen.
Für uns aus Good Old Germany waren die gezeigten Präparate nicht der Rede wert.
Gab es doch, wenn auch nur einem kleinen Kreis bekannt, mit Holm Reuver einen wahren Meister der Dental-Transparenz-Kunst. Der zuhauf solche Bilder in wunderbarer und seinesgleichen suchender Qualität angefertigt hatte.

Holm Reuvers Präparate sind ebenso wunderbar wie einzigartig.
Es gibt – diese Art der Visualisierung betreffend – weltweit keine besseren, kein schöneren.
Ich habe etliche andere Versuche diesbezüglich im Laufe der Jahrzehnte gesehen.
Sie reichen nicht einmal annähernd an die grossartige Ästhetik seines Schaffens heran.

Mit seinen Darstellungen in Foto und Video reiht sich Holm Reuver ein in die Riege großer Anatomen der Medizingeschichte, eines Walter Hess – einem Titan das Zahnmedizin – ebenbürtig. Wohl mit das größte Kompliment, daß man einem zahnmedizinischen Forscher machen kann. Was Frank Paque (dessen Werk ich ebenfalls hohen Respekt zolle) mit modernster Technik einer renommierten Universitätsklinik in seinen Micro CT-Präparaten abgebildet hat, hat Holm Reuver mit einfachsten Mitteln, aber beispielloser Hingabe im Keller seiner Praxis in Neustadt an der Weinstrasse ebenfalls sichtbar werden lassen.

Ich freue mich sehr, dass zukünftig Holm Reuver im Rahmen unseres WURZELSPITZE – Blogs eine Auswahl seines Schaffens präsentieren und die jeweiligen Präparate in ihren Besonderheiten in Wort und Bild darstellen wird.

Recall eines Falls aus der Reihe Herodontics

Dieser Fall wurde  hier vorgestellt.
Man kann diesen Fall sicher in die Kategorie: „Erst hatte sie kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu.“ einordnen.

Wir haben wieder Recallbilder und möchte diese Ihnen nicht vorenthalten. Inzwischen sind einige Jahre vergangen. Die verschiedensten klinischen Fotos entstammen verschiedenster Kameras und Fotografen.

Laurenz – RET nach 10 Monaten

Das nicht alle RE-Therapien den selben (positiven) Verlauf nehmen zeigt der nachfolgende Fall des heute neunjährigen Laurenz.

Der Junge erlitt Ostern 2022 ein Fronttzahntrauma in Form einer unkomplizierten Kronenfraktur mit ausgeprägter Lockerung an Zahn 11.

In der weiteren Folge entwickelte der junge Patient eine ausgeprägte Schwellung in der Region des betroffenen Zahnes.

Die zweizeitige Behandlung konnte im Juli 2022 angeschlossen werden.

In der kürzlich durchgeführten Nachkontrolle zeigt sich ein Fortschreiten des Wurzelwachstums bisher nicht wirklich.

“Positiv” anzumerken ist ggf., dass auch der vitale Nachbarzahn in der Zeit kaum eine Weiterentwicklung erfahren hat…

die nächste Nachkontrolle erfolgt in sechs Monaten…

Wurzelfrakturen im Recall 24 Monate nach Behandlungsende

An dieser Stelle hatte ich über diesen Fall berichtet.
Das letzte Recall vor 12 Monaten finden sie hier und 2023 stellte sich das ganze so dar.
Keine Symptome, keine Lockerungsgrade der Zähne 22-12, 22 zeigt eine unverändert positive Sensibilität auf Kalt.
22 zeigt im Zahnfilm ein dezent vergrößertes Pulpenlumen apikal, das sehen wir als projektionsbedingt an, da wir von 2020 ein Rö.-Bild mit einer ähnlichen Pulpaabbildung haben.

Ausgeprägte apikale Lyse, Dens invaginatus

Ob dieser Behandlungsfall eines 42 letztlich im Misserfolg enden würde, konnte ich auch nach Behandlungsbeginn nicht einschätzen.

Die Behandlungsalternativen waren neben der folgenschweren Extraktion – der Patient war zu Behandlungsbeginn erst 16 Jahre alt – , und der sehr schwierigen intentionellen Replantation nur die chirurgische endodontische Vorgehensweise.

Nun stellte sich der Patient zum ersten Recall 8 Monate nach zweimaliger Einlage von CaOH2 vor.

Sowohl das Einzelbild, als auch das kleinvolumige DVT zeigten einen erkennbaren Zugewinn an knöcherner Struktur. Daher habe ich mich entschieden, den Zahn in der nächsten Sitzung mit MTA und einem kollagenen Widerlager zu obturieren.

Z.n. Frontzahntrauma von 1984

Die Patientin wurde in unserer Praxis ohne Beschwerden vorstellig.
An dem Zahn 21 wollte niemand mehr etwas machen, die Patientin hatte keine Beschwerden. Erstaunlich was unser Körper aushalten, bzw. kompensieren kann.
An diesem Fall ist (mal wieder) zu sehen, daß die koronale Pulpa nicht vollständig entfernt wurde und und als nekrotisch infizierter Rest verblieb.
Diagnose: infizierte Pulpanekrose, P. apicalis, externe apikale Resorption
Klinische Befunde: keine erhöhte Sondierungstiefen, Lockerungsgrad 0, Sekundärkaries, insuffiziente Füllung.
Die Entfernung der koronalen Pulpareste war unter mikroskopischer Sicht problemlos möglich.
Im apikalen Bereich war ein ausgeprägter Biofilm und gallertartiges Gewebe erkennbar.
nach der Reinigung und Desinfektion ( Zitronensäure 10%, NaOCl 3%, NaCl – Eddy, PIPS mit NaOCl und NaCl ) erfolgte das Einbringen eines Kollagenwiderlagers gegen welches ProRoot MTA appliziert und mit Ultraschall verdichtet wurde.
Die Wurzelfüllung erfolgte mit Guttapercha und koronal wurde der Zahn mit everX Flow Composit und einem Glasfaserstift aufgebaut. Die palatinale Deckfüllung erfolgte mit Beautifil – Composit.


Neu auf dem Markt – Biodentine XP

Letzte Woche – Besuch des Septodent-Aussendienstes.
Die Neuigkeit – Biodentine gibt es nun auch als Biodentine XP.

In einer neuen Darreichungsform.
Eine karpulenartige Mischkapsel, die mittels einer speziellen Applikationspistole das direkte Einbringen des Materials in die Kavität gestattet. Damit entfällt das manuelle Hinzufügen der Flüssigkeit vor Anmischung aus der Tropfpipette, wie wir es vom Original Biodentine her kennen. Das war nicht ganz banal, insbesondere die präzise Zuführung 5 gleich grosser Tropfen war für die zu erzielende Materialqualität von entscheidender Bedeutung, weshalb ich diesen Arbeitsschritt immer selbst vorgenommen habe. Weiterhin entfällt nun das Umfüllen aus der Kapsel und der Transport in die Kavität mittels Spatel, Lee-Instrument, Centrix-Carpule oder was auch immer.

Die Kapseln gibt es in zwei Füllmengen.
XP 200, XP 500.

Der Preis sei in etwa gleichgeblieben, so die Info.
Stimmt, die XP 200 Packung ist sogar etwas günstiger als Biodentine 1.0, die XP 500er Packung etwas teurer. Ich kann es im Zeitalter “Gefühlt 20 Prozent+ Inflation” kaum glauben. Auf mein Nachfragen stellt sich heraus, es sind nun nur noch 10 Kapseln in einer Packung, gegenüber 15 Kapseln bei der ursprünglichen Version.

Doch ein Aufpreis.
Wäre auch zu schön gewesen…

Wäre es mir aber dennoch wert, wenn die neue Darreichungsform, wovon ich ausgehe, gegenüber der Version 1.0 sich im Praxisalltag als vorteilhaft erweist.

Jetzt das Aber.
Für die Kapseln anzumischen bedarf es einer speziellen Anmischpistole und eines speziellen Kapselmischers. Wie bislang unseren aus Amalgam- und Glasionomer-Zeiten vorhandenen Capmix-Mischer zu nutzen, das geht leider nicht mehr. Das Einführungsset (Mischer, Applikationspistole, 1 Packung XP 200, 1 Packung XP 500) schlägt mit 750 Euro netto zu Buche.

Ich bin gespannt, wie auf Grund dieser, ich sach mal “Investitionshürde”, das Biodentine XP von der KollegInnenschaft angenommen werden wird. Biodentine 1.0 wird zumindest eine gewisse Zeit noch weiterhin parallel zu Biodentine XP im Handel erhältlich sein.

Noch eine Anmerkung in merkwürdigen Zeiten: Da bereits die bloße Nennung eines Produktes auf einer Homepage als Werbung interpretiert werden kann, benennen wir diesen Blogbeitrag (wie auch jeden bereits geschriebenen sowie alle zukünftigen Beiträge, in denen Produkte benannt werden) als unbezahlte Werbung. Sollten wir (jemals) finanzielle Zuwendungen von Firmen erhalten, die Erwähnung bestimmter Produkte betreffend, werden wir die entsprechenden Blogbeiträge als „bezahlte Werbung“ ausweisen.

Mit System

Beim Blick auf das von der überweisenden Kollegin angefertigte Einzelbild waren zeitgleich zwei Gedanken in meinem Kopf. 1. Tolle Herausforderung. 2. Und wenn’s nicht klappt?

Klinisch stellte sich die Situation so dar, dass Zahn 45 bereits in eine viergliedrige Vollkeramikbrücke einbezogen war. Nach Abnahme derselben zeigte sich, dass Teile der mesialen und die gesamte bukkale Wand nicht mehr vorhanden waren.

Somit galt es die erste Hürde zu nehmen und den Zahn kofferdamfertig umzuformen. Dazu habe ich ca. 1 mm koronal der definitiven Präparationsgrenze zunächst einen zirkumferenten Kompositbauch gestaltet um dann eine Butterflyklammer anzubringen.

Aus dem präoperativen DVT ging hervor, dass Zahn 45 rotiert war und über eine beeindruckende Krümmung nach mesial, sowie eine deutliche Krümmung nach bukkal verfügte.

Die sekundäre Zugangskavität wurde daher nach lingual und distal extendiert, um mit einer vorgebogenen ISO 008 Handfeile das Foramen zu erreichen. Zwar ließ sich diese über die initiale Krümmung führen, die Endometrie zeigte jedoch noch einen großen Abstand zum Foramen an.

Daher habe ich auf den im TriAutoZX2 verbauten OGP-Modus zurückgegriffen. Dabei wird die Feile -eine EndoWave 10/02- mit 500 U/min bewegt und zwar in einer Bewegung in der nach 90 Grad rechts, 90 Grad links, 90 Grad rechts eine 180 Grad Linksdrehung erfolgt.

Im ab Juni erhältlichen TriAutoZX2+ wird der OGP2-Modus verfügbar sein, der ein sicheres Aufbereiten enger und stark gekrümmter Kanäle noch einmal deutlich vereinfacht.

Nachdem die 10/02 auf 19 mm eingebracht werden konnte, habe ich endometrisch die Arbeitslänge kontrolliert und siehe da: Patency!

Nun galt es diesen Pfad allmählich zu erweitern. Mein Konzept dabei: 10/02, 15/02 EndoWave im OGp-Modus. Dann 15/03 HyFlex, 15/04HF, 20/04 HF, 25/04 HF bis auf ersten Widerstand, 20/06 HF bis AL, 25/04 HF bis AL und abschliessend die 25/06 HF auf AL. Zwischen jeder Feile miit der ISO 008 Handfeile die Durchgängigkeit sichergestellt.

Blieb abschliessend, nach erfolgter Obturation, nur noch der adhäsive Aufbau zu modifizieren, damit die Brücke wieder korrekt in situ gebracht werden konnte.