SAF System – wer immer nur das tut ….

von Klaus Lauterbach

Auch ich habe am ersten SAF Workshop im August, in Aalen teilgenommen und war gespannt auf diese vollständig neue Art den Bakterien im Kanal zu Leibe zu rücken. Wolf Richter hatte uns die neuartige Feile in allen Details erklärt und im praktischen Teil konnte man schnell erkennen, dass es eine sehr gute Idee ist, das SAF System nur in Verbindung mit einem Workshop (der beim Systemerwerb verrechnet wird) zu verkaufen.
Die Quintessenz des Vortragvormittags war: Clean-Shape-Rinse in einem Arbeitsgang. Das SAF System bearbeitet extrem viel mehr Kanalwandfläche und reduziert Bakterien in höherem Maß als rotierende Systeme, entfernt Debris und Smearlayer (Score1) zuverlässig, erbringt das geforderte hohe Spülvolumen je Kanal, benötigt Preflaring und ist daher keinesfalls ein Einfeilensystem, es wird bei den Workshops und von den Henry Schein Mitarbeitern, zumindest in Deutschland, auch nicht so angepriesen.
Selbst langjährig erfahrene Kollegen konnten sich beim praktischen Teil nur schwer umstellen und mussten den eingefahrenen, rotierenden Behandlungsgewohnheiten Tribut zollen. Schnell war die absolut fraktursichere „Self Adjusting File“ doch abgebrochen. Stellt man allerdings 25000 Upm statt 5000 Upm am Motor ein ist dies auch kein Wunder und entspricht natürlich keineswegs den Vorgaben der Systementwickler, man wollte wohl Grenzen testen.
Nach dem Workshop am Nachmittag war dann klar, dass man das System wirklich nur nach einem guten Preflaring und schaffen eines Gleitpfades einsetzen sollte.
Wolfs Sequenz im Workshop war übrigens: K ISO 10/15, S1, K ISO 20, SAF. K NiTi ISO 30-40.

Unter folgendem Link kann man übrigens die Empfehlungen von Zvi Metzger zum SAF-System downloaden, die gerade für SAF Einsteiger sehr hilfreich sind.

Mein SAF System habe ich in der ersten Septemberwoche erhalten. Mittlerweile, ca. 70 SAF-Wurzelkanäle später, hat sich bei mir keinesfalls Ernüchterung breit gemacht. Im Gegenteil, es ist eher so, das ich immer ein gutes Gefühl habe, wenn die Feile im Kanal zum Einsatz gekommen war. Unter dem OPM sieht das alles blitzsauber aus.
Wie waren also meine Erfahrungen? Zu Aufbau und Technik des Systems wurde hier bereits alles erklärt. Zunächst kam die SAF in unserer Praxis nur in ovalen, c-förmigen und Kanälen mit Isthmen zum Einsatz. Mittlerweile wird sie routinemäßig während jeder Aufbereitung eingesetzt, auch bei runden Querschnitten.

Meine persönliche Aufbereitungssequenz kombiniert eine hohe, apikale Größe mit der perfekten Reinigung der SAF: K ISO10/15, BioRace1, BR2, SAF, BR4.
Es gibt bei der SAF natürlich keine bestimmte Aufbereitungsgröße oder Taper da sich die Feile dem Kanal anpasst. Falls nötig erfolgt ein Taper-Stepback mit Handfeilen.

Das System wurde nach kurzer Gewöhnungszeit perfekt in unseren Behandlungsablauf integriert. Der lästige Fußschalter zum Ein- und Auschalten der Pumpe steht bei der Assistenz, die auf kurzes Zeichen den Natriumhypochloritfluss startet. Das Pumpensystem wird nach jeder Behandlung mit Kochsalzlösung gespült und erst zur nächsten Behandlung wieder mit Natriumhypochlorit gefüllt.
Wie wir schon gehört haben ist es manchmal etwas Fummelei die doch recht lange Feile (zum Schaft und Arbeitsteil kommt noch der Schlauchansatzteil) bei geringer Mundöffnung im Kanal zu platzieren aber bisher konnte die Feile immer im Kanal untergebracht werden.
Das man die Feile nur mit gutem Straightline-Access benutzen kann wird dafür sorgen, dass alle Behandler einen solchen gestalten müssen, eher ein Vorteil als ein Nachteil. Die Feile verträgt wirklich wenig vertikalen Druck lässt sich aber, mit etwas Gefühl, in einem größeren, ovalen Kanal (zB. distal UK7er) recht gut an die bukale oder linguale Wand drücken. Im Frühjahr kommt die SAF mit 2,0mm Durchmesser. Dann wird die Behandlung grosslumiger oder ovaler Kanäle sicherlich erleichtert.
In keinem Behandlungsfall kam es übrigens zu einem Feilenbruch. Bei regelgerechtem Einsatz gab es nur sehr selten kleine mechanische Defekte an der Feile. (siehe Bild)
In einigen Fällen, meist gekrümmte Kanäle, gab es allerdings Schwierigkeiten die Arbeitslänge der initialen Feilen mit der SAF zu erreichen. Erst nach einem weiteren, stärkeren Preflaring konnte die Feile auf AL gebracht werden.

Bei Revisionen habe ich die SAF als Abschlussfeile eingesetzt. Bei den rotierenden Feilen bleibt gerade in der Innenkurvatur gekrümmter Wurzeln oft Füllmaterial an der Kanalwand zurück. Hier kann die Feile durch Ihr neue Technik die Kanäle effektiver reinigen.

Das System ist bisher noch nicht offiziell am Markt erhältlich, lediglich endodontisch versierte Kollegen waren zu den wenigen Workshops eingeladen bzw. einige Studiengruppen konnten sich damit vertraut machen. Nachdem vorher nur einige Opinionleader die SAF erhalten hatten war dies die zweite Stufe der sehr überlegten und bedachten Markteinführung. Verbesserungsvorschläge wie Einschaltknopf statt Fußanlasser oder Austauschbarkeit des Flüssigkeitbehälters usw. wurden nach den Workshops bereits an die Hersteller weitergeleitet. Wir sind gespannt wie schnell dies geändert wird. Nun wir die SAF also wahrscheinlich im November zur DG-Endo Jahrestagung für jedermann der einen Workshop belegt hat zu erwerben sein. Da kann wohl kaum von einer übereilten Markteinführung die Rede sein.

Ob sich die Feile auf breiter Ebene im Markt durchsetzen wird bleibt abzuwarten. Ein Vorteil ist sicher, dass man keinen Zusatzmotor benötigt. Der hohe Preis der Feile und die nötige optische Vergrößerung zur systemgerechten Benutzung wird Generalisten zunächst sicher abschrecken. Die Feile ist nur für „Single use“ konzipiert. Die Sterilisation bei 121°C übersteht die Feile auf den ersten Blick gut, bei 134°C wird aus den Kunststoffteile mit Schlauchansatz eine unbenutzbarer Klumpen.

Die aktuelle Studie von Siqueira (JOE. Volume 36, Issue 11, Pages 1860-1865,) zeigt im Vergleich zu rotierenden Systemen eine 32% bessere Bakterienelimination durch das SAF System. Schade dass keine PUI in der Vergleichsgruppe eingesetzt wurde aber auch diese Studie wird es sicher bald geben.
Wir haben es nach aktueller Studienlage also in der Hand 40% mehr Kanalwand und bis zu 30% mehr Bakterienreduktion bei unserer Behandlung zu erreichen, das ist auf einem bereits hohen Behandlungsniveau durchaus bemerkenswert. Man muss sich erst an die Technik dieser Feile gewöhnen, würde man darauf verzichten, wäre das so ähnlich wie MTA nicht zu benutzen weil Diaket auch gut funktioniert. Weitere unabhängige Studien werden uns im Laufe der Zeit zeigen ob sich die aktuellen Zahlen bestätigen. In Göttingen und Mainz laufen bereits Studien, die eventuell bis zur IDS weiter wissenschaftliche Informationen liefern.

Man sollte neuen Entwicklungen immer kritisch gegenüber stehen und unabhängige Untersuchungen abwarten aber es ist sicherlich gut, dass es Querdenker wie Zvi Metzger gibt, die abseits vom Mainstream neue Ideen umsetzen.
Ganz nach dem Motto: Wer immer nur das tut was er bisher getan hat, wird immer nur das erreichen, was er bisher erreicht hat.

3 Gedanken zu „SAF System – wer immer nur das tut ….

  1. Hallo Klaus,

    danke für den interessanten Bericht. Du sprichst einige Punkte an, die sehr diskussionswürdig sind, so wie ich es in meinem Bericht bewusst provozierend getan habe. Interessant ist die Aussage, dass Henry Schein Mitarbeiter (Deutschland) es so nicht anpreisen. Das mag sein. Man gehe einfach auf die Seite http://endovationslearning.com/index.asp , scrolle ganz runter und lese den Text des “special promotions”-Absatzes. Da sehe ich eine ganz andere Aussage…… und die stammt von der Konzernzentrale, und ich bin mir nicht sicher, ob die Deutschen HenrySchein-Ma´s davon vollkommen losgelöst sind…..

    Wieso ist für den Einsatz der SAF eine optische Vergrösserung nötig? Diese Aussage verhindert in meinen Augen eine nachhaltige, breitbasige Durchsetzung des Systems und wirkt eher abschreckend. Denn in wie vielen Praxen wird eine optische Vergrösserung genutzt. Meinst Du ein DM oder eine einfache Lupenbrille? Wird jemand, nur um das SAF-System einzusetzen, eine optische Vergrösserungshilfe mit allen dazugehörigen Umstellungen der Arbeitsweise in seine Systematik einführen? Ist das also ein System nur für Spezialisten oder vor allem für den “normalen” Zahnarzt? Vielleicht findest Du die Zeit, diesen Punkt näher zu erläutern.

    Und könntest Du vielleicht noch einmal genauer erklären, wie ihr den Tank der Pumpe leert? Macht ihr den nicht ganz voll oder kippt ihr das überschüssige Hypo einfach ins Waschbecken oder lasst ihr die Pumpe leer laufen und fangt das Hypo wieder in der Flasche auf?

    Ohne jetzt viel länger diskutieren zu wollen, die Geschichte mit dem Tank ist nur einer der Punkte, wenn ich sage, dass die Markteinführung ein wenig zu früh kommt. Und versteh mich richtig, ich setze die SAF ebenso ein, auch wenn aus anderen Gründen als Du anführst, vor allem bei Revisionen. Die Idee der SAF ist ganz hervorragend, ob zu diesem Preis und mit den derzeitigen Einschränkungen, sei mal dahin gestellt. Es wird so sein, wie Ha-Wi in seinem Gedanken zur Kombination der Reziproc-Feile mit der SAF geschrieben hat. Die SAF ist ein gutes zusätzliches Reinigungstool, aber kein Ersatz für irgendwas. Daran wird auch die Marketingabteilung von HernySchein nichts ändern können.

    Und ich habe ebenso geschrieben, dass sich das System evolutionieren wird. Die Idee ist zu gut, als das sie in der Versenkung verschwinden könnte.

    Herzliche Grüsse
    Oscar

    • Hallo Oscar,

      an der von Dir angegebenen Stelle finde ich leider keinen Hinweis auf die Verwendung der SAF als Einfeilensystem. Da steht “Cleaning, shaping, irrigation with a single instrument”. Diese Aussage stimmt auch so. Ob Du, ich oder irgendein anderer Behandler vor oder nach Einsatz der SAF noch ein bis zehn andere Feilen benutzt ist eine andere Sache und sehr individuell.
      In unseren Köpfen ist eben immer noch die gewohnte Behandlungstechnik. Da müssen Späne fliegen und Druck ausgeübt werden, wenn auch mit Gefühl.
      Auch für mich ist es schwer den alten Weg zu ändern und wie Du in meiner angegebenen Sequenz siehst ist das momentan eher ein Hybridsystem. Je nach Fall benutze ich aber auch nach einem ausgedehnten Preflaring immer öfter nur noch die SAF.
      Beim Füllen hat natürlich auch jeder seine prinzipiell ähnliche aber doch individuelle Technik. Ich persönlich hab gerne eine definierte apikale Größe (mind. ISO 35). Da sich die SAF dem Kanal anpasst ist die Frage ob das weiterhin nötig ist. Oft ist beim Austasten ISO30 und größer schon erreicht. Eine zusätzliche Tapergestaltung ist meist auch nicht immer nötig da dieser oft ausreicht.

      Ob also die SAF nur ein zusätzliches Reinigungstool ist oder auch der Aufbereitung dient ist sicher auch eine Frage der individuellen Vorgehensweise. Frank hat in seinen Untersuchungen doch extrem große Unterschiede zu rotierenden Feilensystemen aufgezeigt und dies auch im Bereich des Shaping. Wir sind natürlich alle gespannt darauf, welche Ergebnisse wir sehen werden, wenn die Zähne nicht von den Systementwicklern aufbereitet sind.

      Die optische Vergrößerung sollte zumindest eine Lupenbrille sein, da die Feile während Ihres Einsatzes kontrolliert werden sollte. Das Einbringen der Feile, die leichte Drehung beim Aufbereiten, das gerade Einbringen der Feile, die Kontrolle der Aufbereitung sowie die Feilenkontrolle auf die eventuellen mechanischen Defekte ist ohne Vergrößerung sicherlich schwierig.

      Was ist ein ” normaler Zahnarzt” ?! …ich kenn nur wenig Normale :-)
      Ich denke, die Kollegen die qualitätsorientiert arbeiten, werden an der Feile auch Interesse haben (und schon eine Lupenbrille besitzen). Kollegen die noch ausschließlich mit Handstahlfeilen arbeiten wird das SAF System wohl eh nicht so reizen. Übergänge können fließend sein.
      Wenn die Kollegen mehr und mehr dazu übergehen Materiallisten an Ihre Rechnungen zu hängen wird sich das mit Preis auch relativieren.

      Nun zum Tank der Pumpe. Da bin ich doch etwas enttäuscht, das ein kritischer Analytiker wie Du von einer Mathematikpfeife wie mir eine Erklärung braucht:
      5ml/min x 4min x Anzahl der Kanäle + ein Messbecher = optimale Tankfüllung
      Sollte alles richtig berechnet worden sein, müsste der Tank nach der Behandlung leer sein. Eventuelle Kleinreste werden im Waschbecken versenkt.
      Die Pumpe wird dann kurz mit Wasser durchgespült, sprich die Pumpe wir für 30-60 sec aktiviert.

      Neueste Empfehlung ist übrigens den Kopf nach jeder Behandlung zu ölen, nicht nur am Abend!! Ich habe schon einen neuen Kopf erhalten da sich die Feilen nicht mehr gedreht haben.

      Eine gute Nachricht ist das die 2,0er SAF sicher im ersten Quartal 2011 kommt, wahrscheinlich schon im Januar.

      Herzliche Grüsse,
      Klaus

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